Adesso Schweiz meldet für das letzte Geschäftsjahr einen Rekordumsatz von 77,2 Millionen Franken. Nachdem 2020 der Umsatz um stolze 17% gesteigert werden konnte, lag das Wachstum im vergangenen Geschäftsjahr bei "zufriedenstellenden 6,5%", teilt der IT-Dienstleister mit. Die Zahl der Mitarbeitenden stieg in der Schweiz auf 420.
Hansjörg Süess, CEO von Adesso Schweiz, zeigt sich zufrieden. Man wachse stark, "aber gesund". Vor wenigen Tagen wurde die Adesso-Aktie von der Deutschen Börse in den SDAX aufgenommen. "Wir gehören jetzt zu den Grossen", so Süess im Gespräch mit inside-it.ch.
Ziel müsse sein, nachhaltig zu wachsen. Wichtig sei, dass neue Manager die Kultur, die "DNA", des Unternehmens schnell kennenlernen, so der Schweiz-CEO auf die Frage, wie Adesso das Wachstum verdaue. Es gehe darum zu lernen, wie man Ziele vermittelt und feiert, welche Werte vertreten werden, wie Mitarbeitende gefördert oder Feedback gelebt werde.
Adesso will aktiver Konsolidierer sein
In der IT-Branche zeichnet sich klar eine Konsolidierung ab. Adesso wolle hier eine aktive Rolle einnehmen, dies sei so in der Strategie verankert und ein wichtiger Pfeiler nebst dem primären organischen Wachstum, sagt Süess. In der Schweiz habe man bereits eine Übernahme getätigt und sei auch offen für weitere. Es gehe nicht darum, "mehr vom Selben" zu kaufen, wie Süess ergänzt. Ein Zukauf müsse entweder eine Optimierung der bestehenden Dienstleistung bringen oder ein neues Geschäftsfeld eröffnen.
Als Beratungs- und IT-Dienstleister müsse man in einem gewissen Sinne ein "One-Stop-Shop" für die Kunden werden. Diese – vor allem die mittleren und grösseren Unternehmen – würden tendenziell nicht dutzende, sondern eben nur noch wenige ausgewählte Ansprechpartner wollen.
"Strategisches Gewicht" als IT-Partner
Man agiere hierzulande wie ein lokaler kleiner IT-Dienstleister, habe aber dennoch die Power des Konzerns mit seinen 5800 Mitarbeitenden im Rücken. Das Unternehmen will sich als strategischer Partner von Kunden positionieren. Dies bedeutet auch, dass Adesso das Portfolio laufend komplettieren muss, um attraktiv zu bleiben. "Je näher man an das Kerngeschäft und die Wertschöpfungskette eines Kunden kommt, desto höher sind auch die Anforderungen an den Dienstleister", so Süess.
Dies betreffe sowohl die Manpower als auch das technische- und methodische Know-how. Dafür aber profitiere man von der "Langlebigkeit bei den Kunden"; man erhalte strategisches Gewicht. Und dies sie auch ein Ziel von Adesso.
Ein weiterer Ansatz des Unternehmens ist das neu aufgebaute Competence Center "CIO Advisory". Man wolle sozusagen die Rolle eines CIOs für Kunden übernehmen. Ein IT-Verantwortlicher dürfe nicht mehr "nur" CTO sein, führt Süess aus. Es müsse auch darum gehen, mit Automatisierung und Digitalisierung neues Business zu generieren. Der CIO müsse "Enabler" sein.
Onshoring-Zentrum im Tessin statt Offshoring
Auf Nearshoring könnte man zurückgreifen, etwa auf Zentren in Spanien, der Türkei oder in Bulgarien, wenn die Kunden dies wollen. In vergangener Zeit habe man aber mit Blick auf die geopolitische Lage gesehen, dass alles wieder "ein bisschen näher heranrückt".
Im Gespräch weist Süess in diesem Zusammenhang auf das Anfang 2020 eröffnete Zentrum im Tessin hin. Man operiere innerhalb der Schweizer Grenzen, habe aber tiefere Kosten als beispielsweise in Zürich oder Basel. Hinzu komme der Fachkräftemangel. Für den Standort in Lugano rekrutiert Adesso auch in Norditalien – erfolgreich, wie der Schweiz-CEO sagt. Der Standort wachse schnell und man sehe sehr wenig Fluktuation.
Neues Standbein im Health-Bereich
Im Gesundheitsbereich gibt es bei der Digitalisierung bekanntlich grossen Nachholbedarf. Dies war während der Pandemie deutlich zu sehen – es sei nur daran erinnert, wie Covid-19-Fallzahlen per Fax übermittelt wurden. Mit einer neuen Line of Business "Health" will Adesso Schweiz diesen Bereich künftig adressieren.
Geleitet wird die Business Line von Ralf Klappert. Er kenne den Markt bestens, so Süess. Bevor Klappert auf Anfang März zu Adesso Schweiz stiess, war er viele Jahre bei Elca tätig. Zuletzt verantwortete er dort die Business Line Health and Life Sciences, wie ein Blick in sein Linkedin-Profil zeigt.
Im Healthcare-Bereich steigt der Digitalisierungsdruck
"Die Startups kommen und machen ihr Ding", so Süess. Dies wirke sich nicht nur auf die Kosten respektive Preise aus, sondern bedeute auch Konkurrenz durch neue Produkte, etwa im Bereich der Telemedizin. Süess stellt einen Vergleich mit Fintechs her, die sich mit neuen Ansätzen – Stichwort Mobile-Banking – und günstigen Preisen insbesondere an junge Kunden richten.
Ein weiteres Problem ist laut Süess, dass es häufig an einer ganzheitlichen Strategie fehlt. Man wolle "schnell machen", was zu Insellösungen führe. Auch Medienbrüche blieben im Gesundheitssektor ein Problem.
Der Wille, die Digitalisierung voranzutreiben, sei aber durchaus da, bilanziert Süess. Automatisierung sei ein wichtiges Thema und das Ziel, durchgängige Prozesse zu schaffen. Hier sieht sich Adesso bestens gerüstet. Mit dem Branchenwissen aus dem (Kranken-) Versicherungsmarkt sei man im Bereich der Leistungsträger bereits sehr gut vernetzt. Man könne also auf dem bestehenden Know-how und Portfolio aufbauen und die Kundenbasis auf der Seite der Leistungserbringer gut verbreitern. Adesso erachte den Health-Bereich als einen "sehr spannenden Markt", so Süess.