Es brauche eine E-ID, immerhin in diesem Punkt gibt es Einigkeit. Weil aber private Unternehmen eine staatlich anerkannte elektronische Identität herausgeben sollen, haben verschiedene Akteure das
Referendum gegen das Gesetz ergriffen. Am 7. März 2021 wird darüber abgestimmt. Im Vorfeld der Abstimmung hat die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit (Parldigi) ein virtuelles Public Hearing durchgeführt, an dem Pro- und Contra-Argumente zu hören waren.
Die E-ID dient der Identifizierung von Nutzern, sei es im Online-Shopping oder bei einem Behördengang. Die SwissID des Konsortiums SwissSign gibt es bereits. Für den Einsatz dieser Lösung brauche es kein Gesetz, sagte Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft und Co-Kampagnenleiter des Nein-Komitees.
Das Gesetz werde auch nicht dazu führen, dass man sich mit einer schweizerischen E-ID bei Amazon oder anderen internationalen Diensten anmelden könne. Aber es gebe den Tech-Giganten die Möglichkeit, eine E-ID hierzulande herauszugeben, während der Bund dies nicht mache, so die Kritik von Schönenberger.
Die Gegner argumentieren, dass jede Nutzung der E-ID bei einem privaten Unternehmen aufgezeichnet und zentral gespeichert würde. Dadurch entstehe ein Missbrauchspotential. Gegen die Datensammler helfe das Gesetz nichts, sagte Schönenberger. Für ein sicheres Login brauche es internationale Standards und kein schweizerisches Gesetz.
Ein Grundsatzproblem des Gesetzes sei, dass es nicht auf Daten-Sparsamkeit ausgelegt sei, fügte Schönenberger an. Es sehe zentrale Identity Provider vor, und setze nicht auf einen dezentralen Ansatz. Privacy by Design stehe nicht im Fokus.
Bund traut sich die Aufgabe nicht zu
Der
Bundesrat hatte die Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten vorgeschlagen. Private Unternehmen könnten schneller und flexibler auf die sich verändernden technischen Möglichkeiten und auf die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten reagieren, so das Argument dafür.
Gegen das Gesetz hat sich auch Sibel Arslan, Nationalrätin Grüne und Mitglied Parldigi, ausgesprochen. Es werde argumentiert, der Staat sei nicht in der Lage, eine E-ID selbst herauszugeben. "Das kann es doch nicht sein", sagte sie im Hearing. Es gebe ja Kantone, die eine Lösung anbieten. Auch für die User wäre dies eine praktische Lösung. "Warum kann man nicht bei der Gemeinde einen Pass und dann grad auch noch eine E-ID beantragen?", so die Nationalrätin.
E-Government braucht eine E-ID
An die Rolle der Kantone erinnerte auch Vincenza Trivigno, Staatsschreiberin des Kantons Aargau, die sich für das E-ID-Gesetz ausspricht.
Die Kantone seien eine "wichtige staatliche Ebene", sagte sie. Beispielsweise Zug und Schaffhausen hätten eine E-ID und könnten diese auch weiter betreiben. Es brauche eine Lösung, so Trivigno, weil die Kantone unter Druck stünden.
Von Privatunternehmen sei man es sich gewohnt, viele Dinge online erledigen zu können. Behördengänge seien hingegen häufig noch nicht medienbruchfrei möglich. Dies könne man nur anbieten, wenn es eine E-ID gebe. Andere Länder seien im Vergleich deutlich weiter,
die Schweiz habe Nachholbedarf. Und, so Trivigno, wenn die E-ID abgelehnt würde, würde dies die Schweiz wieder um Jahre zurückwerfen.
Eine Alternative zu Username-Passwort
Ein weiteres Argument für die E-ID und das neue Gesetz ist aus Sicht der Befürworter der zunehmende Diebstahl von Login-Informationen. Dem NCSC werden wöchentlich über 100 Online-Betrugsversuche gemeldet, sagte Florian Schütz, Delegierter des Bundes für Cyber-Sicherheit. Dies sei wohl nur ein Bruchteil der wahren Vorfälle. Pro Woche würden ausserdem 150 neue Phishing-Seiten auftauchen.
Für SVP-Nationalrat Franz Grüter ist das Gesetz ein "vernünftiger Kompromiss". Er erinnert an den "Flopp SuisseID", ein Projekt, das zweistellige Millionenbeträge gekostet habe und kaum Anwender gefunden habe. Die Lösung sei zu teuer und zu kompliziert gewesen, sowohl für die Enduser als auch die Firmen. Da gebe es nun einen Vorteil. Denn die Unternehmen, die die E-ID herausgeben, würden gleichzeitig auch Dienstleistungen bieten, bei denen sie eingesetzt werden könne, was zu einem breiteren Einsatz führen werde.
Eine Aufzeichnung des Public Hearings ist online verfügbar: