Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine wichtige Weiche für die mögliche Einführung eines digitalen Euro gestellt. Die Währungshüter haben beschlossen, die Entwicklung einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung zu starten, teilt die EZB mit.
Die Untersuchungsphase soll nun 24 Monate dauern. Dabei sollen Kernfragen wie die Ausgestaltung und die Verteilung eines digitalen Euro geklärt werden. Bislang hatte es bei der EZB dazu lediglich Vorarbeiten gegeben. Die Untersuchungsphase werde die Entscheidung zur Einführung eines digitalen Euro nicht vorwegnehmen, erklärt die EZB. Diese Entscheidung werde später gefällt.
Finanzstabilität muss sichergestellt werden
Ein digitaler Euro müsse den Bedürfnissen der Europäer gerecht werden, erklärten die Währungshüter. Gleichzeitig müssten aber auch illegale Aktivitäten sowie negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Geldpolitik ausgeschlossen werden. Die EZB und die nationalen Euro-Notenbanken hätten bereits 9 Monate lang wichtige Vorarbeiten geleistet.
Es seien weitere Analysen vorgenommen und Vorschläge von Bürgern und Experten eingeholt worden, und es habe einige Experimente mit ermutigenden Ergebnissen gegeben, sagte Notenbank-Chefin Christine Lagarde. "All dies hat uns zu der Entscheidung geführt, einen Gang hochzuschalten und das Digital-Euro-Projekt zu starten."
Laut EZB-Direktor Fabio Panetta will die Notenbank nach Ablauf der zweijährigen Untersuchungsphase bereit sein, mit der konkreten Entwicklung eines digitalen Euro zu beginnen. "Dies könnte rund drei Jahre dauern", schrieb er in einem Blogbeitrag. Damit dürften noch etwa 5 Jahre verstreichen, bis ein digitaler Euro eingeführt werden könnte. "In jedem Fall würde ein digitaler Euro das Bargeld nur ergänzen und nicht ersetzen."
Interesse vieler Notenbanken
Derzeit loten etwa 90% aller Notenbanken weltweit aus, ob sie digitale Versionen ihrer Währungen ausgeben sollen. Neben der Popularität von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether hatten vor allem die Pläne des Technologiekonzerns Facebook zur Einführung einer eigenen Kryptowährung unter dem Namen Libra und danach Diem das Interesse der Zentralbanken angeheizt.
Bislang hat aber noch keines der grossen Länder eine eigene Digitalwährung eingeführt. Am weitesten vorangeschritten ist derzeit China. Dort wurden bereits Probeläufe mit einem digitalen Yuan in Millionenmetropolen wie Shanghai oder Shenzhen gestartet. Die Nase vorn haben kleinere Länder: Der Insel-Staat Bahamas war 2020 das erste Land, das mit dem "Sand Dollar" eine Digitalversion seiner Landeswährung eingeführt hat.
SNB macht eigene Versuche
Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in den vergangenen Monaten Versuche mit einer eigenen Digitalwährung durchgeführt. Diese soll allerdings lediglich für Zahlungen zwischen Finanzinstituten verwendet werden. Damit sollen diesen neue technischen Möglichkeiten eröffnet werden wie etwa die im Kryptobereich verwendeten Smart Contracts.
SNB-Exponenten hatten sich dagegen immer wieder gegen eine breit verfügbare Digitalwährung ausgesprochen, die von Nicht-Finanzunternehmen und Konsumentinnen und Konsumenten genutzt werden können.
SNB-Direktorin Andréa Maechler sieht etwa die Gefahr, dass die Nationalbank mit einer solchen Währung in die Domäne der Banken eindringen würde, wie sie im Juni an einem Bankenanlass erklärt hatte: So könnten die Menschen in Krisenzeiten ihre Gelder in grossem Stil aus den Geschäftsbanken abziehen und in eine sichere Zentralbankwährung umschichten.