Schweizer Distis kämpfen mit Nachschub an Business-Laptops

26. März 2020 um 14:47
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"Mehrere Black Fridays" hintereinander treffen auf Produktions- und Exportschwierigkeiten der Hersteller. Wir haben bei den Distributoren nachgefragt.

Im Zuge der Pandemie und der Eindämmungsstrategien kommt es mancherorts zur Verknappung von Gütern. In China brachen in den letzten beiden Monaten die Exporte über 17 Prozent ein. Auf der "Werkbank der Welt" werden rund 90 Prozent aller Laptops und Desktops gefertigt, die global gebraucht werden, wie schon 2019 in der 'NZZ' (Paywall) stand.
Zudem haben viele Firmen wegen der Umstellung auf Homeoffice eine grössere Nachfrage nach Business-Laptops. Offenbar kommt es hier immer wieder zu Engpässen. So hört man aus der Branche, dass Business-Geräte mancherorts Mangelware seien. Wir haben bei Distributoren und Herstellern nachgefragt.

Distis haben Mühe mit Nachschub

"Seit Februar ist es sehr anspruchsvoll, genügend Ware zu bekommen", sagt Simone Antonelli, Director Operating & Solutions bei Littlebit. Nach dem chinesischen Neujahr standen viele Fabriken in China still oder liefen nur auf 20 bis 30 Prozent ihrer Kapazität. Zugleich verzeichne man eine "explodierende Nachfrage" nach Homeoffice Equipment, ergänzt Antonelli.
Der Distributor ist auch Hersteller der Schweizer Marke Axxiv für Notebooks, Desktops und Server. Diese werden nach dem Built-to-order-Prinzip zusammengebaut, aber auch diese Produkte sind auf Komponenten aus chinesischen Produktionsstätten angewiesen.
Competec-Sprecher Daniel Rei sagt, dass viele der Bestseller derzeit nicht ab Lager verfügbar seien. Von den rund 400 businesstauglichen Notebook-Varianten im Sortiment würden noch rund 70 Modelle einen ein- bis dreistelligen Lagerbestand aufweisen. Aber auch bei diesen könne es wegen der gesteigerten Nachfrage zu Lieferverzögerungen kommen.
Die Nachfrage sei mit "mehreren Black Fridays oder Weihnachten hintereinander zu vergleichen", erklärt Rei. Und er weist neben der reduzierten Produktion auf ein weiteres Problem hin. So haben in den aktuellen wirtschaftlichen Verwerfungen offenbar einige der grossen Hersteller Mühe, Rohstoffe zu beschaffen oder ihre Produkte zu exportieren.

Das Problem dürfte noch eine Weile anhalten

Von HP heisst es dazu: "Die meisten HP Fabriken in dem betroffenen Gebiet sind wieder in Betrieb und die Produktivität in der gesamten Region steigt stetig. Unser Supply-Chain-Team arbeitet aktiv daran, die Situation zu meistern und die Kundennachfrage zu erfüllen." Ähnlich allgemein äussert man sich bei Dell: Man versuche mit einer flexiblen Supply Chain die aktuelle Nachfrage zu befriedigen und untersuche derzeit alle Beschaffungs-, Produktions- und Logistikstrategien.
Zwar laufen die Fabriken in China wieder mit rund 70 bis 80 Prozent ihrer Kapazität. Die Situation in Europa werde sich aber erst verzögert entspannen, gibt Antonelli von Littlebit zu Bedenken. "Die Produktionsausfälle von Februar und März werden sich noch weiter im zweiten Quartal auswirken." Vor dem dritten Quartal erwartet man bei diesem Disti keine Entspannung.
Competec rechnet damit, dass die ausverkauften Business-Modelle in genügender Zahl ab Mitte April oder im Mai eintreffen werden. Man hoffe, dass sich die Situation im Juni entspanne, sagt Rei.

Was unternehmen die Distis in der Zwischenzeit?

"Wir fahren, wo möglich unsere System-Produktion hoch", heisst es seitens Littlebit. Nun helfe es, dass man bereits im Januar Mehreinkäufe getätigt habe, weil man angesichts der Entwicklung die Lagerbestände aufstockte. Deshalb sei man nun in der Lage, viele Kunden zu bedienen.
Zudem stehe man im Kontakt mit Lieferanten und beobachte die Entwicklungen. "Nichtsdestotrotz können wir im Moment schlecht abschätzen, wie sich die Situation weiterentwickelt und ob weitere Massnahmen erforderlich sein werden", gibt Antonelli zu bedenken.
Ähnlich klingt es von Seiten Competec: Man könne aus dem Logistik-Zentrum in Willisau noch bestimmte Modelle liefern. Und man halte ständigen Kontakt zu Herstellern und Lieferanten, so Rei.
Lenovo und Also meldeten sich auf Fragen bis Redaktionsschluss nicht. Der Emmener Disti bekräftigte derweil in einer Mitteilung seine Jahresziele und unterstrich, dass eine grössere Nachfrage nach Homeoffice-Produkten zu verzeichnen sei.
Seitens Tech Data hiess es zur Nachschubproblematik lediglich, man mache "keine generelle Aussage". Vielsagend ergänzte die Pressestelle des Broadliners aber: "Wir versuchen alternative Produkte zu verkaufen."

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