Ende März ist Roberto Cirillo als CEO der Schweizerischen Post zurückgetreten. Aktuell leitet Alex Glanzmann den Konzern ad interim. Die Suche nach einer CEO-Nachfolge läuft parallel. Die meisten interne Kandidaten haben jedoch bereits abgesagt, berichten die Zeitungen von 'CH Media': neben Glanzmann auch Brief- und Paketpost-Lenker Johannes Cramer und Poststellenchef Thomas Baur. Beobachter würden deshalb damit rechnen, dass wie Cirillo bei seinem Amtsantritt 2019 auch die Nachfolge von aussen kommen wird.
Doch jetzt gibt es offenbar doch noch eine interne Kandidatin. Konzernleitungsmitglied Nicole Burth soll laut
'CH Media' ihr Interesse am CEO-Posten angemeldet haben. Die Post wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern.
Digital Services seit Jahren im Minus
Burth
leitet seit Januar 2021 den damals neu geschaffenen Bereich Kommunikations-Services, heute Digital Services. Zuvor war sie CEO der Adecco Gruppe Schweiz. Anlässlich des Jahresberichts 2024
hatte Burth erklärt: "Der Aufbau des Konzernbereichs ist geglückt. Heute können wir mit zwölf erfolgreich abgeschlossenen Akquisitionen und einem Wachstum von 100 auf über 1500 Mitarbeitende eine eindrückliche Bilanz ziehen."
Profitabel seien die Digital Services aber noch nicht. Im letzten Jahr verzeichneten sie ein Minus von 67 Millionen Franken. Kumuliert sind es seit der Gründung 360 Millionen Franken. Die Post hatte einst angekündigt, mit dem Bereich bis 2024 schwarze Zahlen zu schreiben.
Die Post am "Software-Wühltisch"
"Die Kandidatur Burths sorgt bei Post-Kennern für Stirnrunzeln", so 'CH Media'. "Schliesslich verantwortet die Managerin das aufgrund der hochumstrittenen Zukäufe viel kritisierte Digitalgeschäft." Vor allem der Zukauf von Klara sorgte für Unmut. Die Post befinde sich am "Software-Wühltisch", schrieb Abacus-CEO Claudio Hintermann in
einem Gastkommentar für inside-it.ch. Ihr Übernahme-Feldzug sei schädlich für die Schweizer Software-Industrie.
Abacus reichte wegen der Klara-Übernahme Beschwerde ein. Aktuell ist die Sache
beim Bundesgericht hängig. Auch im Bundesparlament sorgten die verschiedenen Zukäufe für kritische Vorstösse.
Weniger Wachstum als erhofft
Der Rückgang des Schalter- und Briefgeschäfts und das veränderte Kundenverhalten verlangten nach digitalen Alternativen, erklärte Burth im Geschäftsbericht. "Der Aufbau dieser Kompetenzen ist nicht nur mit organischem Wachstum möglich, sondern benötigt auch Zukäufe."
Das Wachstum des Bereichs sei aber deutlich bescheidener ausgefallen, als von Ex-CEO Cirillo erhofft, konstatiert 'CH Media'. Die Profitabilität fehle ebenso wie die Aussicht, dass die Post "dereinst mit den hier erwirtschafteten Umsätzen und Gewinnen das wegbrechende, aber weiterhin für Post-Verhältnisse hochprofitable Briefgeschäft kompensieren könnte". Umso mehr überrasche Nicole Burths Kandidatur als CEO.