EFK: Bund unternimmt zu wenig gegen Fachkräfte­mangel

27. August 2024 um 08:00
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Foto: Getty / Unsplash+

Die Finanzkontrolle kritisiert die Wirksamkeit von Massnahmen. Ein besonderes Augenmerk galt dabei den MINT-Berufen und dem IT-Sektor.

Der Bund unterstützt die Wirtschaft seit Jahren bei der Entschärfung des Fachkräftemangels. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) kommt in einem neuen Bericht zum Schluss, dass diese Massnahmen nur begrenzt wirken. Es bestehe weiterhin Handlungsbedarf.
Seit 2011 hat der Bund zwei verschiedene Programme zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials lanciert – und hat sich das mehrere Hundert Millionen Franken kosten lassen. Die EFK hat diese Massnahmen jetzt geprüft.
Sie entschied, speziell Branchen des MINT-Bereichs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu untersuchen, da dort seit vielen Jahren ein Fachkräftemangel herrscht. Die Prüfung habe sich dementsprechend auf die Berufe der Maschinenindustriebranche, der IT-Branche und der Elektrobranche fokussiert, schreibt die EFK.
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Die unetersuchten Branchen. Grafik: EFK
Die Hauptursachen für den IT-Fachkräftemangel
Für die IT-Branche erwähnt der Bericht folgende von der Organisationen der Arbeitswelt wie zum Beispiel ICT-Berufsbildung ausgemachte Hauptursachen für den Fachkräftemangel:
  • Die Hauptursache ist das exponentielle Wachstum des Fachkräftebedarfs. Die Zahl neuer Lehrstellen kann mit dem steigenden Bedarf nicht Schritt halten. Zudem schaffen die Unternehmen nicht genügend neue Lehrstellen.
  • Die Zahl der ausgebildeten Personen liegt seit vielen Jahren unter dem tatsächlichen Bedarf der Wirtschaft. Bis 2030 dürften rund 38'700 Fachkräfte fehlen.
  • Die Entwicklungen im IT-Bereich sind rasant und verlangen Weiterbildungen über die gesamte Laufbahn. Das Kompetenzniveau zu halten, ist schwierig und kostspielig.
In ihrem Bericht hält die Finanzkontrolle zwar wohlwollend fest, dass der Bund, weitere Behörden und die Wirtschaft seit vielen Jahren auf die Anzeichen für einen Fachkräftemangel achteten. Die ergriffenen Massnahmen hätten den Fachkräftemangel in den untersuchten Branchen aber nicht beheben können.

Massnahmen sind zu wenig bekannt

Die Massnahmen von Bund und Kantonen hatten laut der EFK "trotz erheblicher Investitionen keine nennenswerten Auswirkungen auf die Lösung des Fachkräfteproblems". Das liege auch daran, dass einige Massnahmen kaum bekannt seien.
Als Beispiele nennt der Bericht unter anderem die Massnahmen "Berufsabschluss für Erwachsene: Anrechnung von Bildungsleistungen", "Nachwuchsförderung im MINT-Bereich seitens der Hochschulen" oder "Subvention für Absolvierende von Vorbereitungskursen für eidgenössische Prüfungen".
Die EFK befragte Unternehmen aus den untersuchten Branchen, ob sie diese Massnahmen kennen, "da sie oder ihr Personal direkt oder indirekt davon profitieren können". Zwar ist der Kenntnisstand darüber im Branchenvergleich im IT-Sektor am höchsten, erreicht aber auch hier nie über 50% der befragten Unternehmen.

IT-Branche verzeichnet Anstieg auf allen Bildungsstufen

Weiter würden von den Unternehmen, die die Massnahmen kennen, nur ein Viertel sie für ausreichend halten. Laut EFK seien deshalb zusätzliche Anstrengungen nötig, um etwa die Berufsbildung innerhalb des Schweizer Bildungssystems zu fördern. Einzig in der IT-Branche sei ein Anstieg auf sämtlichen Bildungsstufen zu verzeichnen. Doch trotz der steigenden Zahl der Auszubildenden halte auch hier die Personalknappheit an.

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Abschlüsse in den untersuchten Branchen. Grafik: EFK
Die EFK hält weiter fest, dass der Bund nicht in der Lage sei, die spezifischen Probleme der einzelnen Branchen zu lösen. Er habe jedoch sicherzustellen, dass die Finanzierung der Ausbildung für die Personen, die eine höhere Berufsbildung anstreben, kein Hindernis darstelle.
Schliesslich schreibt die EFK, dass der Berufsbildung im Vergleich mit der Hochschulausbildung ein schlechteres Image anhafte. "Der Bund sollte in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anspruchsgruppen bestimmen, ob zusätzliche Massnahmen daran etwas ändern könnten."

Seco weist Kritik zurück

In seiner Stellungnahme zum Bericht verweist das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf die guten Indikatoren des Schweizer Arbeitsmarkts wie beispielsweise die hohe Erwerbsbeteiligung, die tiefe Arbeits- und Erwerbslosigkeit sowie das hohe Lohnniveau. Verantwortlich dafür seien der Bund, die Kantone und die Sozialpartner gemeinsam.
Die von der EFK untersuchten Massnahmen seien "bewusst nicht auf die Behebung branchenspezifischer Mangelsituationen ausgerichtet", hält das Seco weiter fest. Letztere sei eine unternehmerische Aufgabe, wobei die Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb mit anderen Unternehmen und anderen Branchen stünden.
Auf die Kritik der EFK, wonach die Ziele der Massnahmen des Bundes genauer hätten definiert werden sollen, schreibt das Seco, dass es nicht für die Steuerung, Umsetzung oder Finanzierung der einzelnen Massnahmen zuständig gewesen sei. Zudem sei das Festlegen quantitativ messbarer Ziele nicht immer möglich. Insgesamt sorge der Bund für weitgehend geeignete Rahmenbedingungen für die Wirtschaft.
(Mit Material von Keystone-sda)

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