Thomas R. Gross kam 1994 als ausserordentlicher Professor an die ETH Zürich, seit 1998 war er ordentlicher Professor für Informatik. Mit seiner Abschiedsvorlesung zum Thema "Statische und Dynamische Abhängigkeiten" am 7. Oktober wird Gross jetzt endgültig emeritiert. Nachdem er 2019 in den Ruhestand getreten war, hatte er noch weiterhin die Vorlesung "Einführung in die Programmierung" an der Hochschule betreut.
Sein Forschungsgebiet war die Software-Konstruktion, insbesondere Methoden und Werkzeuge für die Entwicklung von Anwendungen, die sich an Veränderungen in Netzwerken anpassen können. Zudem war er Delegierter des Rektors für das NET (Network for Educational Technology) und viele Jahre lang Vorsteher des Instituts für Computersysteme. In seiner akademischen Laufbahn hat der Informatiker
zahlreiche Arbeiten publiziert.
'ETH News' führte zum Abschied ein längeres Gespräch mit Thomas Gross. Darin blickt er auf seine Anfänge als Student in Deutschland und den USA zu Beginn der 1980er-Jahre zurück: "Als ich nach Stanford kam, bestand die Ausrüstung des Computer-System-Labors gerade mal aus vier Terminals mit einem 300-Baud-Modem, mit dem man einen Computer anwählen konnte. Aus heutiger Sicht nicht wirklich beeindruckend."
Akademische Laufbahn nie bereut
Seinen Entscheid für eine akademische Karriere habe er nie bereut, sagt Gross. "Wenn ich in eine Firma gegangen wäre, hätte ich vielleicht mehr Geld verdient, aber auch nicht unbedingt. Ich kenne viele, die damit nicht reich geworden sind." Innerhalb der Forschung habe er die praktischen Herausforderungen nie wirklich vermisst.
Zu seiner Forschung erklärt der emeritierte Professor: "Der Schwerpunkt meiner Forschung ist eigentlich das, was wir leider immer noch nicht gelöst haben: Software-Entwicklung. Wie entwickeln wir Software? Was für Werkzeuge brauchen wir dazu? Was für Abstraktionen? Welche Konzepte? Und wie bringen wir das alles anderen Leuten bei?" Software-Entwicklung bleibe anspruchsvoll. "Aber wir können heute durch Werkzeuge das Repertoire von Möglichkeiten erhöhen, Software zu analysieren, zu optimieren und zu verifizieren."
"Gigantische Ausdehnung" bei den Programmiersprachen
Vor allem im Bereich der Programmiersprachen sei es zu einer "gigantischen Ausdehnung" gekommen. "Als die erste Version von Java 1995 veröffentlicht wurde, bestand das Handbuch noch aus 85 Seiten, inklusive Vorwort. Die nächste Version umfasste dann schon 400 und die übernächste 800 Seiten", erklärt Gross.
Gefragt zur Entwicklung von KI-Tools, antwortet der Informatiker: "Wissen Sie, als die ersten Compiler kamen, sagten die Leute: 'Oh, das ist ja schlimm.' Der Compiler sei ineffizient gegenüber dem Assembly-Language-Programmierer. Der Compiler hat sich aber dennoch durchgesetzt." Auch KI-basierte Systeme könnten Vorteile bringen. "Werden die Werkzeuge aber alle Probleme lösen können? Ganz und gar nicht. Denn man muss sich ja auch sicher sein, dass das Werkzeug nicht nur die Aufgabe löst, sondern dass auch keine Sicherheitslücken oder Bugs entstehen, die später Schwierigkeiten bereiten", so Gross.
Das ausführliche Interview mit Thomas Gross lässt sich bei 'ETH News' nachlesen.