6050 ETH-Absolventinnen und -Absolventen,
Top-Platzierungen in den internationalen Hochschulrankings und 43 neue Spin-offs: So resümmiert die ETH in ihrem neusten Geschäftsbericht ihr eigentlich erfolgreiches Jahr 2023. Als eines der Top-Highlights nennt die Hochschule
die Gründung der "Swiss AI"-Initiative zusammen mit der EPFL in Lausanne. Diese soll die Schweiz als weltweit führenden Standort für die Entwicklung und Nutzung einer transparenten und vertrauenswürdigen Künstlichen Intelligenz positionieren.
Im
Geschäftsbericht 2023 werden viele weitere Erfolge und Highlights aufgezählt. In der Zusammenfassung des Berichts weist die ETH aber vor allem auf Eines hin: Möglicherweise bevorstehendes finanzielles Ungemach, welches die Hochschule zur "Prüfung einschneidender Massnahmen in Forschung und Lehre" zwingen könnte.
Einstellungsstopp, Numerus Clausus?
Zu diesen Massnahmen könnten eine Beschränkung des Wachstums der Zahl der Studierenden, zum Beispiel über die Einführung einer Studienplatzbeschränkung, ein gezielter Einstellungsstopp – auch in Forschung und Lehre –, die Einstellung ganzer Forschungsbereiche und Studiengänge oder die Reduktion von Dienstleistungen an den Bund gehören. Dazu gehören bespielsweise auch Services im Bereich Cybersicherheit und Hochleistungscomputing.
Schon das Jahr 2023 habe die ETH Zürich vor grosse Herausforderungen gestellt. Die Studierendenzahlen würden weiterhin stark anwachsen, aber die Teuerung werde den Hochschulen nicht ausgeglichen und die Sparvorgaben des Bundes würden das Budget zusätzlich belasten.
Der Hintergrund für die Klagen ist die BFI-Botschaft 2025-2028, die Botschaft des Bundesrat zu seiner Strategie im Bereich Bildung, Forschung und Innovation für die nächsten Jahre. Darin ist aufgrund des Spardrucks laut der ETH eine jährliche Budgeterhöhung um lediglich 1,2% vorgesehen. Ohne Gegenmassnahmen werde man so "mittelfristig in finanzielle Schieflage geraten", schreibt die Hochschule.
Von den Reserven gezehrt
Dank "interner Kostendisziplin, erfreulicher Entwicklung von Donationen und einem positiven Finanzergebnis" habe die ETH Zürich das Jahr 2023 zwar mit einem Überschuss von 50 Millionen Franken abschliessen können, während im Jahr davor ein Verlust von 73 Millionen Franken resultierte. Die Liquidität der ETH nehme jedoch seit 2020 kontinuierlich ab, da man den Bedarf an Geldmitteln für Investitionen und Betrieb nicht vollständig aus Bundesbeiträgen und Drittmitteleinnahmen decken kann.
"Wir leben im Moment von den frei verfügbaren Reserven, die aber Ende 2025 vollständig aufgebraucht sein werden", erklärt dazu Stefan Spiegel, Vizepräsident für Finanzen und Controlling. "Die ETH Zürich braucht zwingend Reserven, um auch künftig grössere Investitionen stemmen und Schwankungen in ihren Ausgaben ausgleichen zu können."
Studentenzahlen steigen schneller als Bundesbeiträge
Die Anzahl Studierender, so die ETH, habe sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt, während der Finanzierungsbeitrag des Bundes lediglich um rund 50% zugenommen hat. In den letzten sieben Jahren habe man deshalb bereits auf Investitionen von rund 530 Millionen Franken verzichtet.
"In der Vergangenheit konnten wir diese Entwicklung durch höhere Effizienz, Verschiebung grosser Bauprojekte und ein langsameres Wachstum bei den Professuren kompensieren", sagt dazu ETH-Präsident Joël Mesot. "Nun sind wir aber an einem Punkt angelangt, wo wir das anhaltende Studierendenwachstum bei real betrachtet stagnierendem Budget nicht mehr ohne Qualitätseinbussen in Lehre und Forschung meistern können."