Der akute Mangel an IT-Fachkräften in der deutschen Wirtschaft wird in den kommenden Jahren erheblich zunehmen, wenn keine geeigneten Gegenmassnahmen ergriffen werden. Laut einer Langfrist-Studie des Digitalverbandes Bitkom werden in Deutschland im Jahr 2040 rund 663'000 IT-Fachleute fehlen, wenn die Politik nicht entschieden gegensteuert. Der Verband geht davon aus, dass derzeit 149'000 offene Stellen im IT-Bereich nicht besetzt werden können. Hierzulande gibts ähnliche Zahlen: Die
Schweiz braucht bis 2030 über 120'000 neue Fachkräfte, rechnete eine Studie von ICT-Berufsbildung anno 2022 aus.
Gleiche Probleme und Lösungsansätze wie in der Schweiz
Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst,
hauptberuflich CEO von Giesecke+Devrient (G+D), sagte, zu diesen Zahlen kämen noch tausende offene Stellen mit IT-Schwerpunkt in Verwaltungen, Schulen oder Wissenschaftseinrichtungen hinzu. "Der sich seit Jahren verschärfende Mangel an IT-Fachkräften betrifft das ganze Land und bremst die dringend notwendige Digitalisierung." Eine immer grösser werdende Fachkräftelücke in der IT bedeute einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand. "Ohne IT-Spezialistinnen und -Spezialisten verspielt Deutschland seine digitale Zukunft", sagte Wintergerst.
Mit einer Reihe von Gegenmassnahmen liesse sich die Lücke aber weitgehend schliessen, erklärte der Branchenverband. So könnten bis zum Jahr 2040 rund 108'000 zusätzliche Fachkräfte auf den Markt kommen, wenn es gelänge, mehr Studierende und Auszubildende zu gewinnen, Mädchen und Frauen für IT zu begeistern und Studienabbrüche in der Informatik zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten aber beispielsweise in allen Bundesländern das Pflichtfach Informatik ab Sekundarstufe 1 eingeführt sowie mehr Lehrstühle für Informatik, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eingerichtet werden. Es sind die immergleichen Vorschläge, die man hört. Auch hierzulande werden die
Förderungen von Frauen immer wieder betont. Dasselbe gilt für die Begeisterung von jungen Menschen. Ab diesem Sommer bietet
ICT-Berufsbildung ausserdem kürzere Wege für Umsteigende an.
Schweizer und deutsche Unternehmen suchen die gleichen Spezialistinnen
Eine Gegenmassnahme in Deutschland sei zudem, ältere Beschäftigte über das Renteneintrittsalter hinaus zu halten. Damit könnten 68'500 zusätzliche Fachkräfte bis zum Jahr 2040 aktiviert werden. Weitere 129'500 zusätzliche Fachkräfte könnten gewonnen werden, wenn man Interessierten aus anderen Berufen den Einstieg in die IT ermöglichen und erleichtern würde. Alle Massnahmen in Deutschland reichten aber nicht aus, sagte Wintergerst. Über 320'000 Fachkräfte müssten aus dem Ausland angeworben werden. "Alleine können wir die Lücke nicht schliessen." Dieser Umstand dürfte Rekrutierungsbemühungen von Schweizer Unternehmen in Deutschland nicht unbedingt einfacher machen.