KI könnte zu mehr Elektroschrott führen

29. Oktober 2024 um 10:58
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Foto: Alexander Mils / Unsplash+

Die Technologie verbreitet sich rasend schnell. Geht es so weiter, könnte bis 2030 deutlich mehr Elektroschrott entstehen als bisher.

Eine Gruppe von chinesischen Wissen­schaftlern hat untersucht, wie sich die Verbreitung von Künstlicher Intelligenz auf die Entsorgung von alten Geräten auswirkt. Gemäss der Studie dürfte 2030 bis zu tausendmal mehr Elektroschrott entstehen als im Jahr 2023. Die Müllmenge liesse sich aber durch verschiedene Mass­nahmen deutlich verringern, versprechen die Forschenden.
Veröffentlicht wurden die Resultate der Gruppe um Peng Wang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Xiamen im Fachjournal 'Nature Computational Science' (Paywall). Die Zahlen beruhen auf Modellrechnungen, bei denen alle drei Jahre ein Wechsel zu neueren Computersystemen zugrunde gelegt wurde.
Für KI-Anwendungen wie etwa ChatGPT werden grosse Sprachmodelle eingesetzt. "Diese erfordern beträchtliche Rechenressourcen für Training, was eine umfangreiche Computerhardware und -infrastruktur erfordert", schreiben die Autoren.

Bis zu 2,5 Millionen Tonnen Elektroschrott

Studien zu Nachhaltigkeit hätten sich bisher hauptsächlich auf den Energieverbrauch und den Kohlendioxidausstoss von KI-Modellen konzentriert. Wang und seine Kollegen wollten herausfinden, welche Mengen an Elektroschrott entstehen, wenn rechenintensive KI-Anwendungen auf immer mehr Gebieten zum Einsatz kommen.
Als Basis diente den Wissenschaftlern ein Szenario, in dem sie auch die Nutzung grosser Sprachmodelle für den täglichen Gebrauch miteinbezogen haben. Bei einer solch breiten KI-Anwendung müssten die Rechenzentren zum Training und zur Bereitstellung von KI-Modellen sehr schnell wachsen.
In der Folge könnte die Menge an Elektroschrott durch aussortierte Server und andere Geräte von rund 2550 Tonnen im Jahr 2023 auf bis zu 2,5 Millionen Tonnen im Jahr 2030 steigen. Bei Szenarien mit geringerem KI-Einsatz könnte die Schrottmenge auf 400'000 bis 1,5 Millionen Tonnen begrenzt bleiben.

Grosses Potenzial zur Verminderung

Zudem berechneten die Forschenden, wie stark verschiedene Massnahmen die Schrottmenge reduzieren könnten. Am effektivsten wäre es demnach, Server und andere Geräte nach drei Jahren nicht direkt zu verschrotten, sondern für einfachere KI-Aufgaben oder ganz andere Zwecke zu verwenden. Dies würde die Müllmenge im Vergleich zum Basisszenario um 62% verringern.
Wenn einzelne Module der Systeme wie etwa Prozessoren und Speicher aufbereitet und wiederverwendet würden, könnte dies 42% des produzierten Elektroschrotts einsparen. Zudem böten verbesserte Algorithmen ein Einsparpotenzial von 50%, effizientere Chips eines von 16%.

Auch Smartphones und PCs betroffen

Das Team um Wang verweist auch auf den jüngsten "Global E-Waste Monitor". Demnach wird sich die Menge des Schrotts durch kleinere Elektronikgeräte – etwa Smartphones oder PCs – in den Jahren bis 2030 voraussichtlich auf gut 43 Millionen Tonnen summieren.
Der über die Jahre anfallende Müll von KI-Servern und -Geräten, der von den Autoren errechnet wurde, könnte bis 2030 beim Basisszenario kumuliert 5 Millionen Tonnen betragen, also knapp 12% dieser Menge.
Wenn man das zurückhaltendste Szenario der Studie zugrunde legt, würde der durch KI entstehende kumulierte Elektromüll rund 3% des Elektroschrotts der kleineren elektronischen Geräte ausmachen.

Mehr Kreislaufwirtschaft nötig

Christiane Plociennik vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern wies darauf hin, dass es nur eine geringe Datengrundlage für jene Annahmen gibt, die die Autoren beim Basisszenario getroffen haben.
Aber auch das konservativste Szenario mit deutlich niedrigeren Müllmengen und die Prognose des "Global E-Waste Monitor" liefern gemäss den Autoren wichtige Gründe dafür, in der Informationstechnologie eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.
"Wir müssen in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür schaffen, dass hinter einer Cloud oder einer KI-Anwendung Rechenzentren mit hohem Ressourcenverbrauch stecken", betonte Plociennik. Eine Nachnutzung von IT-Geräten sei einem Recycling deshalb vorzuziehen.

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