Ende 2022 haben die Cloud Infrastructure Service Providers of Europe (CISPE) eine Beschwerde gegen Geschäftspraktiken von Microsoft bei der Europäischen Kommission eingereicht. In der Klage wurde beanstandet, dass die damals
eingeführten Vertragsbedingungen dem europäischen Cloud-Computing-Ökosystem schaden könnten. Zuvor hatten sich schon zahlreiche Provider aus Europa
bei der EU-Kommission beschwert. Im Juli 2024 kam es dann zur Überraschung. Microsoft hat sich mit CISPE
auf einen Vergleich geeinigt und 20 Millionen Euro Strafe bezahlt, um das laufende Kartellrechtsverfahren beizulegen. Zusätzlich wurden die Mitglieder der europäischen Cloud-Vereinigung für ihre entgangenen Einnahmen entschädigt. Anfang 2025 wurde Microsoft dann
als Mitglied von CISPE aufgenommen.Alternative fehlt
Ein Teil der getroffenen Vereinbarung sah vor, dass Microsoft ein Produkt entwickelt, mit dem die Microsoft-Software auf den Plattformen der Provider in der Azure-Cloud-Infrastruktur nutzbar wird. Dabei sollten die Preise denjenigen von Microsoft entsprechen. Für diese Alternative wurde dem Tech-Riesen neun Monate Zeit gegeben. Mittlerweile ist diese Frist jedoch verstrichen und das Produkt fehlt noch immer.
Wie
'The Register' berichtet, hat es Microsoft versäumt, die spezielle Azure-Version für die europäischen Cloud-Anbieter rechtzeitig zu liefern. Dabei soll das Produkt für die CISPE-Mitglieder essenziell sein, weil es gewisse Funktionen umfasst, die bisher nur Kunden von Microsoft Azure zur Verfügung standen. Laut
'Borns IT- und Windows-Blog' könnten zu wenig Entwicklerressourcen der Grund für die Verzögerung sein.
Kleinerer Funktionsumfang
'The Register' zitiert auch aus einem Bericht des European Cloud Collaboration Observatory (ECCO). Dort schreibt das unabhängige CISPE-Gremium: "Sowohl Microsoft als auch CISPE haben sich darauf geeinigt, dass Azure Local nicht den vollen Funktionsumfang der Vereinbarung bieten wird."
So gebe es einen Konsens, dass das ursprünglich geplante Hoster-Produkt aufgegeben wird, "um sich auf alternative, kommerziell gleichwertige Ansätze zu konzentrieren, und um die im Abkommen dargelegten Verpflichtungen zur fairen Lizenzierung zu erfüllen", heisst es weiter.
Francisco Mingorance, der Generalsekretär von CISPE, erklärte gegenüber dem Tech-Magazin, dass er enttäuscht sei, dass das vorgeschlagene Produkt nicht zustande gekommen ist. Dennoch zeigt er sich überzeugt, dass schon bald eine Alternative vorhanden ist, mit der die europäischen Cloud-Provider arbeiten können.
Neue Beschwerde?
Microsoft hat nun zwei Monate Zeit, um neue Vorschläge für ein Alternativprodukt auszuarbeiten. Diese müssen bis spätestens am 10. Juli 2025, dem ersten Jahrestag der Absichtserklärung, eingereicht werden. Ein Sprecher des Unternehmens sagte zu 'The Register', man sei um eine gute Beziehung zu den europäischen Cloud-Providern bemüht.
Sollte Microsoft bis Juli keine annehmbare Lösung bieten können, könnte es gegebenenfalls zu einer weiteren formellen Beschwerde bei der EU kommen.