Parlamentarier hadern mit Digitalisierung des Ratsbetriebs

18. September 2023 um 11:46
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Foto: Parlamentsdienste

Im Bundeshaus ist das Projekt Curiaplus gestartet. Doch Ratsmitglieder finden den Umgang mit der neuen Plattform "kompliziert" – und drucken ihre Unterlagen wieder aus.

Seit dem Sommer ist im Bundeshaus Curiaplus in Betrieb. Andreas Wortmann, Leiter des Bereichs Infrastruktur der Parlamentsdienste, erklärte zum Projekt: "Mit Curiaplus werden die Ratsmitglieder ihre Anträge direkt online bearbeiten können. Die Geschäfte werden dort von der Einreichung über die Beratung in den Kommissionen bis hin zur Annahme beziehungsweise Ablehnung durch die Räte zugänglich sein."
Insgesamt kostet das Projekt den Bund rund 6,5 Millionen Franken. Curiaplus beruht auf Cervin: Ein digitales Applikationsportal, welches die bestehenden Intra- und Extranet-Lösungen des nationalen Parlaments ablöst. Im März 2022 hatte die EFK eklatante Lücken in der IT-Infrastruktur moniert und gar eine Sistierung von Curiaplus ins Spiel gebracht.
In der laufenden Herbstsession soll das System jetzt aber erstmals breit genutzt werden. Die Parlamentsdienste richteten vor der Wandelhalle extra eine Anlaufstation für hilfesuchende Parlamentarier und Parlamentarierinnen ein. Rund 40 National- und Ständeräte machten in der vergangenen Woche davon Gebrauch, berichtet die 'NZZ am Sonntag' (Paywall).
Doch viele Ratsmitglieder sind nicht zufrieden mit Curiaplus. "Die Vorbereitung der Kommissionssitzungen und Ratsdebatten ist heute komplizierter als vorher", sagte der GLP-Nationalrat und Programmierer Jörg Mäder der Zeitung. Auch weitere Mitglieder der Gruppe Parlaments-IT (PIT), die sich mit den Informationssystemen der Räte beschäftigt, äusserten Kritik. "In dieser Form hätte das Programm nicht starten dürfen", so SP-Nationalrätin Min Li Marti. PIT-Präsident und SVP-Nationalrat Mauro Tuena sagte: "Es stellt sich schon die Frage, wie derart viel Geld für eine Software ausgegeben werden kann, ohne dass man an jene denkt, die dann damit arbeiten müssen."
So seien wichtige Dokumente nur schwer zu finden. Tuena wie auch Marti hielten fest, dass sie derzeit Unterlagen wieder ausdrucken oder "sogar ausschliesslich" auf Papier arbeiten. Für die zuständigen Parlamentsdienste ist der Start hingegen geglückt. "Wir stellen fest, dass die Fragen für die Fragestunde bereits fast ausschliesslich und Vorstösse mehrheitlich elektronisch eingereicht werden. So können diese rascher und effizienter publiziert und weiterverarbeitet werden", erklärten sie auf Anfrage der 'NZZaS'. "Es gibt sicherlich noch Optimierungsbedarf und einige Kinderkrankheiten, die aber angesichts der Projektgrösse zu erwarten waren."

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