

Abhörtechnik für Bangladesch: Seco reicht Strafanzeige ein
11. September 2014 um 15:21
Ein Zürcher IT-Unternehmen wird verdächtigt, ohne Bewilligung der Behörden mit einer paramilitärischen Gruppe aus Bangladesch zu geschäften.
Ein Zürcher IT-Unternehmen wird verdächtigt, ohne Bewilligung der Behörden mit einer paramilitärischen Gruppe aus Bangladesch zu geschäften. Nun hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige wegen möglicher Widerhandlungen gegen das Güterkontrollgesetz eingereicht.
Wie die 'Wochenzeitung' (Woz) in ihrer Ausgabe vom Donnerstag berichtet, will ein Zürcher Unternehmen einer umstrittenen Einheit in Bangladesch Technik zur Handy-Überwachung liefern. Dies ruft nun die Kontrollbehörden des Bundes auf den Plan. Das Seco und die Bundesanwaltschaft bestätigten auf Anfrage der Nachrichtenagentur 'sda', dass "in diesem Sachverhalt" eine Strafanzeige eingereicht wurde.
Nach 'Woz'-Recherchen steht Neosoft in Zürich im Fokus der Ermittlungen. Die Firma soll Ende August eine Delegation der Spezialeinheit Rapid Action Battalion (RAB) aus Bangladesch in der Schweiz empfangen haben. Diese Gruppe ist berüchtigt: Menschenrechtsorganisationen bezeichnen sie als "Todesschwadron", auch Folter sei dokumentiert.
Gruppe war in der Schweiz
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erklärte auf Anfrage, dass es "Kenntnis vom Besuch einer Gruppe von Personen aus Bangladesh in der Schweiz" gehabt habe. "Die Gruppe weilte auf Einladung von privater Seite in der Schweiz." Das EDA bestätigte damit Informationen des 'Tages-Anzeigers'.
Die Einreisevisa wurden von der Schweizer Botschaft in Dhaka gemäss dem üblichen Prozedere erteilt, hiess es weiter. Aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes könnten keine näheren Angaben dazu gemacht werden.
Verstoss gegen Exportverordnung?
Nach den Medienberichten steht Neosoft im Verdacht, die RAB-Delegation aus Bangladesch im Umgang mit Überwachungstechnologie geschult zu haben. Später sollten dann verschiedene Abhörprodukte an die Spezialeinheit verkauft werden.
Es geht offenbar um sogenannte IMSI-Catcher, mit denen sich je nach Modell und Leistung Handynutzer im Umkreis von mehreren Hundert Metern identifizieren lassen. Mit den Geräten können auch Handys manipuliert und Gespräche abgehört werden.
Geschäfte mit solchen Produkten unterstehen der Güterkontrollverordnung (GKV). In Artikel 3 heisst es, dass es "für jedes Bestimmungsland eine Ausfuhrbewilligung des Seco braucht". Eine solche Bewilligung liegt dem Seco in besagtem Fall nicht vor, wie das 'St. Galler Tagblatt' berichtet.
Für die betroffene Firma gilt die Unschuldsvermutung. Neosoft war am Donnerstagnachmittag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Die Bundesbehörden gaben auf Anfrage zwar keine Details zur Untersuchung bekannt. Sie bestätigten aber, dass eine Anzeige bei der Bundesanwaltschaft eingegangen sei. Diese werde nun geprüft, teilte Sprecherin Jeannette Balmer mit.
Anzeigen eher selten
Anzeigen an die Bundesanwaltschaft wegen Widerhandlungen gegen das Güterkontrollgesetz werden statistisch im Aussenwirtschaftsbericht veröffentlicht. "Ein bis zwei Fälle pro Jahr müssen strafrechtlich beurteilt werden", teilte Seco-Sprecherin Marie Avet mit.
In der Regel gebe es sehr wenige Anzeigen, die vom Seco oder von anderen Bundesstellen eingereicht würden. Dies sei dadurch zu erklären, dass kritische Geschäfte vielfach schon vor dem Vollzug verhindert würden.
Seco will detaillierter informieren
Im Aussenwirtschaftsbericht werden schon heute Kennzahlen zu bewilligten Ausfuhren von Gütern, die dem Güterkontrollgesetz unterstellt sind, jährlich publiziert. Laut Jürgen Boehler, Ressortleiter Exportkontrollen beim Seco, wird derzeit geprüft, ob ab 2015 detailliertere Statistiken analog zu den besonderen militärischen Gütern, die ebenfalls diesem Gesetz unterstellt sind, veröffentlicht werden sollen.
Das Seco würde damit verschiedenen Parlamentariern entgegenkommen, die seit längerem auf mehr Transparenz beim Export heikler Technologien pochen. (sda/mim)
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