

Alfred Breu: Viel mehr Informatikerlehrstellen müssen her!
20. November 2006 um 10:34Der Präsident der Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik ist überzeugt, dass die ICT-Branche – wie andere Branchen – für ihren eigenen Nachwuchs sorgen muss, um den Fachkräftemangel zu beheben.
Der Präsident der Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik ist überzeugt, dass die ICT-Branche – wie andere Branchen – für ihren eigenen Nachwuchs sorgen muss, um den Fachkräftemangel zu beheben.
Ein Kommentar von Alfred Breu, Präsident der Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik.
Aufmerksame Beobachter der Informatik-Szene und des –Arbeitsmarktes, stellen die zunehmende Nervosität in Bezug auf den Fachleutemangel fest. In der Informatik ist das kein neues Phänomen, sondern ein Jahrzehnte altes. Es ist darauf zurückzuführen, dass der konzeptionellen Grund- und Weiterbildung in der Informatik deutlich zu wenig Gewicht gegeben wird.
In der Regel findet die Ausbildung an Produkten statt, oder in Form von Lehrgängen von Anbietern, die natürlich wiederum ihr Produkt ins Zentrum stellen. CIOs haben offenbar wenig Gehör für "strategisches Personalmanagement", der Frage nämlich: Wann brauche ich welche Leute in welcher Qualifikation und wo rekrutiere ich sie, und gibt sie der Markt auch her?
Wir finden keine qualifizierten Informatiker
Auf inside-it.ch war vor rund zwei Wochen dieser Artikel zu lesen: "CS: Wir finden keine qualifizierten Informatiker". Darin werden 200 unbesetzte Stellen erwähnt - das entspricht ungefähr dem 3-Jahres-Ausstoss der ETH Zürich…! Oder so ziemlich alle Lehrabgänger eines Jahres, die nicht an die Berufsfachschule gehen. Problem verstärkend: SwissICT hat in der Salärumfrage 2006 festgestellt, dass 18 Prozent der Informatiker, die sich daran beteiligten, über 50 sind, aber nur 11 Prozent unter 30. Der jährliche Nachwuchs (Lehre, Schulen, Hochschulen) vermag bei Weitem nicht einmal die Hälfte der für den Ersatz notwendigen Leute abzudecken….
Entsprechend sind auf Internet-Homepages wieder Hunderte offener Stellen ausgeschrieben, auf www.jobs.ch findet man heute im Bereich Informatik & Telekomm sogar 1386 offene Stellen…
Allein die Grossbanken und Versicherungen am Platz Zürich beschäftigen gegen 20'000 Informatiker/-innen. Ihnen gegenüber stehen jährliche 300 Informatik-Lehrstellen im ganzen Kanton Zürich. In anderen Berufen (mit wenigen Ausnahmen) ist man überzeugt, selber für den Nachwuchs sorgen zu müssen und dass der Lehrstellenanteil 10 Prozent der Fachleute ausmachen sollte. Also bräuchten wir jährlich 500 Lehrstellen, oder insgesamt rund 2000 Lehrlinge, alleine für die Finanzindustrie…!
Jetzt braucht es endlich ein professionelles Nachwuchsförderungskonzept für jeden Betrieb, vor allem für die Grossen.
Die Lösung: Selbsthilfe – oder ein professionelles Nachwuchsförderungskonzept
Die Behebung des chronischen Fachleutemangels verlangt nach neuen Wegen – einem Nachwuchsförderungs-Konzept. Wie das in anderen Berufen üblich ist. Das Konzept stützt sich auf vier Pfeiler mit dem Ziel, eigene Nachwuchsleute in genügender Anzahl aufzubauen. Entsprechend den Anforderungen an die anzustellenden Leute.
- Grundlage ist eine gute Grundbildung: Ausbildung von Lehrlingen oder Praktikanten. Der Anteil der Auszubildenden sollte bei 10% des festen Personals liegen, das heisst auf 100 Informatiker sollten 10 Lernende kommen, verteilt auf die Lehrjahre.
- Dann folgt ein Nachwuchsförderungskonzept für die guten Absolventen der Grundbildung, das fachliche Förderung und Laufbahnplanung berücksichtigt.
- Die Weiterbildung ist zu planen: Nach dem Lehrabschluss muss ein Teil der Abgänger direkt an eine Weiterbildung an einer höheren Schule. Im Focus stehen die Fachhochschulen oder höheren Fachschulen mit technischen oder Wirtschaftsinformatik-Lehrgängen. Diese in der Regel vollzeitlichen und drei Jahre dauernden Lehrgänge schliessen mit einem eidg. Zeugnis ab, resp. einem "Bachelor" oder "Master". Zu fördern ist auch der in der Informatik wenig beschrittene duale Weg mit den eidg. Auszeichnungen Fachausweis und Diplom als Informatiker, ein in handwerklichen Berufen beliebter Ausbildungsweg mit "Meisterprüfung".
- Programme für Hochschulstudierende: Zur Förderung des Studiums sind Massnahmen nötig. Nebst positiven Meldungen von den Betrieben, sollten die Studierenden bereits während des Studiums Kontakte zur Wirtschaft haben. Geeignet dafür sind drei oder mehr-monatige Praktikumsplätze oder Teilzeitstellen während des Studiums, resp. Themen für Semester-/Diplomarbeiten. An konkreten Fällen aus der Wirtschaft zu arbeiten, wird viele Studenten oder Studentinnen aufhorchen lassen.
Mit diesem Konzept füllt sich der Markt konsequent und bedürfnisgerecht auf längere Frist auf, was schlussendlich allen Firmen zugute kommt: Verliert man eine Person durch die in einem gewissen Rahmen absolut gewünschte Fluktuation, gewinnt man eine andere ab dem Markt. Dank gutem Förderungskonzept wird man jedoch die gepflegten Mitarbeiter nicht so ohne weiteres und kurzfristig verlieren. (Alfred Breu)
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