Beschaffung soll intransparenter werden

17. Februar 2017 um 09:51
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Bundesrat will Beschaffungsrecht revidieren. Datenschutzbeauftragter wehrt sich gegen die Einschränkung des Einsichtsrechts.

Bundesrat will Beschaffungs­recht revidieren. Datenschutz­beauftragter wehrt sich gegen die Einschränkung des Einsichtsrechts.
Der Bundesrat will das Beschaffungsrecht dem revidierten WTO-Übereinkommen anpassen. Gleichzeitig planen Bund und Kantone, ihre Regeln für öffentliche Beschaffungen weitgehend anzugleichen. Der Bundesrat hat dem Parlament entsprechende Vorschläge unterbreitet.
Die Harmonisierung der Vorschriften erfolgt separat, bei den Kantonen in einer interkantonalen Vereinbarung, beim Bund im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB).
Zu den wichtigsten inhaltlichen Neuerungen gehört, dass die Verleihung gewisser Konzessionen und die Übertragung bestimmter öffentlicher Aufgaben dem Beschaffungsrecht unterstellt werden.
Als Beispiele nennt der Bundesrat in der am Donnerstag veröffentlichten Botschaft den Nationalstrassen-Unterhalt, die Kontrolle von Stromanlagen oder die Erhebung der Empfangsgebühren. Zudem sollen die Beschaffungsverfahren künftig elektronisch abgewickelt werden können.
Weniger Transparenz für die Öffentlichkeit
Der Bundesrat hat kürzlich eine Sonderordnung in den Entwurf geschrieben, der in der Vernehmlassung noch fehlte und der das Einsichtsrecht einschränkt: Beschaffungsunterlagen, die nicht ohnehin der Transparenz unterliegen, sollen auch nach Abschluss des Verfahrens nicht zugänglich gemacht werden. Heute können Interessierte auf begründetes Ersuchen hin Einsicht in Ausschreibung oder Zuschlag erhalten.
Dagegen wehrt sich der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte. Wenn das Parlament diesem Entscheid folge, werde es für Bevölkerung und Medien nicht mehr nachvollziehbar sein, wie die Behörden beim Bezug von Gütern und Dienstleistungen mit Steuergeldern umgingen, schreibt er in einer Stellungnahme. Er erinnert an die Aufdeckung teurer Beschaffungspannen, aus welchen wichtige Lehren gezogen worden seien.
Schaden wegen Korruption
Dagegen soll die Gesetzesänderung für mehr Transparenz im Vergabeverfahren selbst sorgen und unzulässige Wettbewerbsabreden und Korruption eindämmen. Die EU-Kommission schätzt den Schaden durch Korruption allein in der EU auf 120 Milliarden Euro pro Jahr. Über Anbieter, die von Beschaffungsvorhaben ausgeschlossen sind, soll eine Liste geführt werden. Der Rechtsschutz soll leicht ausgebaut und die Ausstandsregeln sollen angepasst werden.
Schliesslich enthält der Entwurf auch Vorgaben bezüglich Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitsbedingungen und Lohngleichheit. Ausländische Anbieter müssen die am Leistungsort geltenden Bestimmungen respektieren. Inländische Firmen müssen mindestens jene an ihrem Sitz berücksichtigen. Für Leistungen im Ausland gelten die Mindeststandards der Internationalen Arbeitsorganisation.
Die Schwellenwerte, ab denen Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden müssen, werden beibehalten. Für WTO-Ausschreibungen liegen diese heute bei 230'000 Franken für Lieferungen und Dienstleistungen, bei 8,7 Millionen Franken bei Bauwerken. Sie werden alle zwei Jahre überprüft und nötigenfalls angepasst. Ausserhalb des Geltungsbereichs des Abkommens gelten andere Schwellenwerte.
Grösserer Markt
Grund für die Anpassungen ist neben der von der Wirtschaft geforderten Harmonisierung die Revision des WTO-Beschaffungsübereinkommens. Der Bundesrat beantragt dem Parlament, dieses zu genehmigen. Ratifizieren will er die Änderungen erst, wenn die geänderten schweizerischen Rechtsgrundlagen genehmigt worden sind.
Mit der Umsetzung des revidierten WTO-Übereinkommens erhalten Schweizer Anbieter theoretisch zusätzlich Zugang zu einem Markt von 80 bis 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Die öffentlichen Auftraggeber haben eine grössere Auswahl von Angeboten, was die Kosten reduzieren soll. In der Schweiz hat das öffentlichen Beschaffungswesen ein Volumen von schätzungsweise 41 Milliarden Franken jährlich. (sda/ts)

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