Beschaffungen: Absprachen erhöhen die Preise um 45 Prozent

24. September 2021 um 10:37
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In der IT-Branche sind Preisabsprachen äusserst selten. Der stellvertretende Weko-Direktor Frank Stüssi erläuterte an einem Vortrag die Gründe.

An der 10. IT-Beschaffungskonferenz sprach Frank Stüssi, stellvertretender Direktor der Wettbewerbskommission (Weko) über Submissionsabreden: Darüber, dass sich Anbieter bei Ausschreibungen über die Angebote absprechen und sich so den Auftrag für einen höheren Preis gegenseitig zuschanzen können.
Stüssi zeigte eine Grafik, darauf zu sehen: die Auswirkungen von Abreden eines Strassenbaukartells im Tessin. Bis im April 2005 waren die Preisunterschiede bei den Angeboten deutlich kleiner als danach. Das Kartell wurde in jenem Monat aufgedeckt, die Preise fielen um volle 30%.
Solche Abreden sind nach Kartellgesetz verboten. Eine internationale Studie zeigt, dass die Preise im Schnitt um 45% höher liegen, wenn sie abgesprochen sind. Stüssis Behörde fand im Kanton Zürich gar einen Fall, bei dem die Preise um 70% in die Höhe getrieben wurden. Absprachen führten auch zu Innovationshemmung, Effizienzverlust und Strukturerhaltung, so der stellvertretende Weko-Direktor.

Gute Noten für die IT-Branche

Eine Folie zeigt die Fälle, die die Weko bislang aufgeklärt hat: Es sind fast 2000. Die IT-Branche erhielt derweil Lob von Stüssi. Sie sei kaum anfällig für Submissionsabreden. "Praktisch alle Fälle, die wir aufgedeckt haben, sind aus dem Baubereich", so der Weko-Mann.
Eine einzige Abrede aus dem IT-Bereich findet sich auf der Folie. Letztes Jahr hatten sich 4 Unternehmen bei einer Beschaffung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) abgesprochen. Die offerierenden Lieferanten Dacoso, Infoguard und IT District hatten zusammen mit dem Hersteller Adva Optical Network die Preise für Netzwerkkomponenten koordiniert.
Dacoso, so wurde vereinbart, sollte den Auftrag erhalten, die anderen beiden Firmen reichten eine sogenannte Stützofferte ein, damit Dacos den Zuschlag erhalten sollte. Zu einem Schaden sei es nicht gekommen, da der Fall aufgeflogen sei, so Stüssi. Die Unternehmen wurden mit insgesamt 55'000 Franken gebüsst, zudem müssen sie jeweils 25'500 Franken für die Verfahrenskosten bezahlen.
Bei Weko-Verfahren müssen die Tatsache nicht zweifelsfrei feststehen. Es genügt, wenn allfällige Zweifel am Sachverhalt unerheblich erscheinen, heisst es in einer Publikation der Weko.

Darum ist die Branche so brav

Wieso kommt es in der IT-Branche aber kaum zu Abreden? Dies liegt laut Stüssi vor allem an den Markteigenschaften: viele Anbieter, rasche technologische Entwicklung, gute Ausweichmöglichkeiten, unterschiedliche Kostenstrukturen. Im Strassenbau ist all dies – mit Ausnahme der vielen Anbieter – nicht gegeben. Auf Nachfrage sagte Stüssi, dass es auch bei Lizenzerneuerungen, wo viele der Faktoren wegfallen, keine Hinweise auf Absprachen eingegangen seien. "Das heisst nicht, dass es keine Probleme gibt, aber diese wurden nicht an uns herangetragen", so Stüssi.
Weiter seien etwa Strassenbaufirmen an gemeinsamen Werken beteiligt, in deren Rahmen man sich auch trifft. Auch spielten Verbände eine grosse Rolle: So seien Fälle bekannt, in denen sie die Preisabsprachen gefördert hätten. Ausserdem befeuern laut dem stellvertretenden Weko-Direktor regelmässige und wiederholende Ausschreibungen Absprachen.
Im neuen Beschaffungsgesetz ist eine Meldepflicht vorgesehen. Wer Abreden vermutet, muss dies der Wettbewerbskommission berichte. Die Weko hat auf ihrer Website eine Checkliste und ein Faktenblatt zu Submissionsabreden publiziert.

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