Brexit-Chaos lässt selbst Algorithmen verzweifeln

8. April 2019 um 11:34
  • fintech
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Das politische Hickhack rund um den Brexit bringt selbst Roboter der Banken an ihre Grenzen.

Das politische Hickhack rund um den Brexit bringt selbst Roboter der Banken an ihre Grenzen. Die schiere Masse an Nachrichten über den EU-Ausstieg der Briten stellt die Algorithmen für den Devisenhandel vor neue Herausforderungen. Die Algorithmen werten seit einiger Zeit nicht nur klare Fakten wie Konjunkturdaten oder Mitteilungen von Zentralbanken aus, sondern versuchen, aus Nachrichten im Internet Impulse für den Handel mit Aktien oder Währungen zu ziehen.
Problematisch wird dies, wenn viel zu viele Texte mit dem betreffenden Schlagwort veröffentlicht werden. "Die unzähligen Brexit-Headlines in den Nachrichten machen den computergestützten Handelssystemen einen Strich durch die Rechnung", sagt Neil Jones, leitender Devisenhändler bei der japanischen Bank Mizuho.
So publizierte allein die Nachrichtenagentur 'Reuters' in den vergangenen Wochen pro Tag manchmal bis zu 400 Artikel zum Brexit. Bevor die ganze Welt auf die Abstimmungen im britischen Unterhaus geschaut hat, waren es gerade einmal um die 15 Texte täglich.
Ausserdem "menschelt" es den Handelsrobotern bei den hitzigen politischen Debatten in London zu sehr. Selbst eingefleischte Analysten und Händler durchschauen das öffentliche Gezerre um einen Ausstiegstermin nicht mehr. So reichte vor wenigen Wochen ein lauter "Order"-Ruf des bis dato unbeachteten Parlamentssprechers John Bercow aus, um das Pfund in den Keller zu schicken. Und als der damalige Brexit-Minster Dominic Raab Anfang November nach einem Kabinettstreffen nur seinen Daumen hob und dies über Twitter verbreitet wurde, ging das Pfund durch die Decke.
Offizielle Daten, wie viele Milliarden am Devisenmarkt durch die Nachrichten-lesenden Roboter hin- und hergeschoben werden, gibt es nicht. Drei von 'Reuters' gefragte Banker in London gehen davon aus, dass diese Art des Handelns weniger als zehn Prozent des Gesamtmarktes ausmacht. Angesichts der aktuellen Komplexität des Brexit-Dramas dürfte der Anteil derzeit noch geringer sein.
Laut einem Devisenhändler einer grossen britischen Investmentbank sind manche seiner Kunden aus dem sogenannten Algo-Trading ausgestiegen. "Die Frage ist, ob man als verantwortlicher Händler das Risiko bei dieser komplexen Brexit-Geschichte auf Computerprogramme verlagern will", sagt David Leigh, Chefhändler bei der Deutschen Bank. "Vermutlich nicht." (sda/kjo)

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