Chaotentruppe

23. September 2011 um 16:18
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Und hier noch unser Freitagabend-Kommentar.

Und hier noch unser Freitagabend-Kommentar.
In den letzten 13 Monaten hat Hewlett-Packard vier grosse Übernahmen (Storage, Datawarehouse, Content-Management/Suche, Security) im Wert von etwa 14 Milliarden Dollar angekündigt, ein einst hoffnungsvolles Betriebssystem (WebOS von Palm) und zwei einst als zukunftsträchtig angesehene Hardware-Projekte (Smartphones und Tablet-PC) beerdigt, zwei CEOs gefeuert (Hurd und Apotheker) und ausserdem so ganz nebenbei verkündet, man werde vielleicht, vielleicht auch nicht, das PC-Business in eine separate Firma ausgliedern oder doch behalten oder vielleicht an eine andere Firma verkaufen.
Dass HP für Unterhaltung sorgt, hat Tradition: 2002 lieferte man sich im HP-Verwaltungsrat und unter den HP-Aktionären eine monatelange öffentliche Auseinandersetzung um die Frage, ob man den PC-Hersteller Compaq für 19 Milliarden kaufen soll oder nicht, 2005 stritt man sich öffentlich über die Entlassung der damaligen Chefin Carly Fiorina.
Und gestern Abend hat man also den Kurzzeit-Chef Léo Apotheker gefeuert des riesigen und im Vergleich zur Konkurrenz ausgesprochen erfolgreichen PC-Geschäfts Mitarbeitende, Partner und Kunden völlig verunsicherte. Doch Apotheker ist mitnichten alleine schuld, denn er konnte sich nie darauf verlassen, dass die Diskussion über die Zukunft des PC-Geschäfts im Verwaltungsrat bleiben würde. Die Traktandenliste des HP-Verwaltungsrats ist in der Vergangenheit jeweils nicht lange geheim geblieben.
Der HP-Verwaltungsrat machte in der Vergangenheit den Eindruck einer Chaotentruppe, die mit der Entlassung von Apotheker nicht besser wurde. Auf den vielsprachigen, kosmopolitischen Software-Mann folgt mit Meg Whitmann eine völlig andere Figur. Sie ist eine Ikone der kalifornischen Hightech- und Investoren-Szene und kommt erst noch aus dem Inneren des HP-Verwaltungsrats selbst. Ist die ehemalige eBay-Chefin und gescheiterte konservative Politikerin
nun die richtige Person für die Führung des gigantischen Konzerns? Der Chor der skeptischen Stimmen in den US-Medien ist nicht leise. Whitman habe keine Ahnung vom Hardware-, ja nicht mal vom B2B-Geschäft, kritisiert man. Und sie habe schon in den Jahren vor ihrem Abgang 2008 als eBay-Chefin, als die Online-Auktionsplattform zur Grossfirma herangewachsen war, keinen Erfolg mehr gehabt.
Anderseits ist HP so breit diversifiziert, dass sowieso niemand alle Märkte, in denen der Konzern operiert, verstehen kann und es vielleicht besser ist, wenn die Chefin einfach eine gute Strategin und Kommunikatorin ist und gar nicht behauptet, die einzelnen Geschäftszweige - von Schweizer Bankensoftware über Gaming-PCs bis hin zu Mega-Outsourcing-Deals - besser zu verstehen als die Manager.
Und das PC-Business?
Whitman betonte an ihrer ersten Telefonkonferenz mit Analysten, dass HP am Hardware-Geschäft festhalte. Etwas anderes hat auch Apotheker nie behauptet, allerdings hat er lieber über Software und hohe Margen gesprochen.
Ob HP nun das PC-Geschäft an die Börse oder einen Konkurrenten verkauft oder nicht, bleibt aber auch nach der Entlassung von Apotheker offen. Whitman sagte, HP halte daran fest, die Zukunft des PC-Geschäfts in Frage zu stellen. Allerdings will sie sich mit dem Entscheid beeilen: "Dieser Entscheid ist nicht wie Wein. Er wird nicht besser mit dem Alter". Das ist doch schon mal was. (Christoph Hugenschmidt)

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