Ehemaliger Luzerner CIO angeklagt

18. Februar 2015 um 12:42
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Ex-Chefbeamter muss sich vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten.

Ex-Chefbeamter muss sich vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten.
Im Luzerner IT-Beschaffungs-Fall kommt es zu einer Anklage. Der frühere Chef der kantonalen Dienststelle Informatik muss sich wegen möglicher Amtsvergehen vor dem Kriminalgericht verantworten. Dies teilt heute die Luzerner Staatsanwaltschaft mit. Unter seiner Ägide soll zwischen 2009 und 2011 in mehreren Fällen das Beschaffungs- und das Kreditrecht verletzt worden sein. Die Luzerner Regierung hatte gegen den Chefbeamten vor zwei Jahren Strafanzeige eingereicht.
Die Staatsanwaltschaft hat den 47-Jährigen nun wegen ungetreuer Amtsführung und mehrfacher Urkundenfälschung angeklagt. Dem Mann werde vorgeworfen, er habe mit Lieferanten der Dienststelle Informatik "Provisions- oder Tippgeberverträge" abgeschlossen. Bei der Erteilung von Aufträgen habe er dann - zusätzlich zum Lohn als Staatsangestellter - privat Provisionszahlungen bezogen und nicht dem Kanton abgeliefert. Auf Grund der Ermittlungen wirft die Staatsanwaltschaft dem einstigen Kadermann ungetreue Amtsführung, eventualiter der Vorteilsannahme, sowie mehrfache Urkundenfälschung vor.
Die Staatsanwaltschaft geht von einer Deliktsumme von 323'000 Franken aus. Der Mann habe die fraglichen Verträge ohne Wissen seiner Vorgesetzten abgeschlossen, heisst es in der Mitteilung. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
Ins Visier der Ermittler geriet auch ein Unternehmen in Deutschland, weshalb Rechtshilfeersuchen nötig wurden. Es wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Unterlagen beschlagnahmt. Wie viele Lieferanten insgesamt involviert sind, will die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.
Die Staatsanwaltschaft konnte die Schlusseinvernahme im Verlauf dieses Monats durchführen. Die Untersuchungsakten füllten 52 Bundesordner, heisst es in der Mitteilung. Man habe die Schlusseinvernahme am Dienstag durchgeführt, sagte Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage. Der Beschuldigte sei seit längerem wieder auf freiem Fuss. Er habe kein Geständnis abgelegt.
Noch nicht abgeschlossen sind die Verfahren gegen zwei Deutsche. Gegen diese wird sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland ermittelt.
Regierungsrat in der Kritik
Die Affäre in der Dienststelle Informatik hatte auch die Politik beschäftigt. Die parlamentarische Aufsichts- und Kontrollkommission warf dem parteilosen Finanzdirektor Marcel Schwerzmann vor, die Tragweite der Vorfälle unterschätzt zu haben.
Auch der Gesamtregierungsrat geriet unter Beschuss. Die Parlamentskommission, die die Unregelmässigkeiten im Finanzdepartement schon 2011 entdeckt hatte, bemängelte, dass die Exekutive immer nur auf ihren Druck hin handle.
Der Regierungsrat leitete im März 2012 Abklärungen ein und reichte ein Jahr später Strafanzeige ein. Im Dezember 2014 beschloss er die Einsetzung einer Administrativuntersuchung. Die Kantonsregierung will wissen, ob allfällige Missstände in der Dienststelle mittlerweile behoben seien oder ob weitere Massnahmen nötig seien.
Geleitet wird die Administrativuntersuchung von einem Externen, nämlich von Kurt Grüter. Grüter war Chef des obersten Finanzaufsichtsorgan des Bundes, der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Seine Erkenntnisse sollen im zweiten Quartal vorliegen, wie die Staatskanzlei am Mittwoch mitteilte.
Im Communiqué der Staatskanzlei wird darauf hingewiesen, dass die mutmasslichen strafrechtlichen Handlungen in einer Zeit begangen worden seien, in denen es in der Dienststelle Informatik Beschaffungsprobleme gegeben habe. IT-Beschaffungen seien teilweise komplex. Zudem habe es Reorganisationen gegeben, und es habe Personalknappheit geherrscht. (sda/mim)

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