Elektronische Versichertenkarte: "Potenziell gefährliches Instrument"

16. Juli 2007 um 14:29
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Die Versichertenkarte stösst eineinhalb Jahre vor der Einführung immer noch auf Kritik.

Die Versichertenkarte stösst eineinhalb Jahre vor der Einführung immer noch auf Kritik.
Ab 2009 muss in der Schweiz eine sogenannte Versichertenkarte vorgewiesen werden, wenn man Leistungen bei Ärzten, Spitälern oder Apotheken beziehen und über die Krankenversicherung abrechnen lassen will. Die Ausgabe der Versichertenkarten wird bereits im Laufe des nächsten Jahres beginnen. Deren Einführung ist schon oftmals auf Kritik gestossen. Zumal diese Karte als Vorstufe für das elektronische Patientendossier gilt, das 2015 eingeführt werden soll. Die Welle der Kritik ist nicht abgeebbt, wie ein heutiger Artikel im 'Tages-Anzeiger' zeigt.
Ärzte fänden die geplante Versichertenkarte, auf der Name, AHV-Nummer, Geburtsdatum und Geschlecht vermerkt sind, nutzlos. Die Versicherten können zusätzlich medizinische Daten (Blutgruppe, Krankheiten etc.) auf der mit einem Chip versehenen Karten speichern lassen – falls sie das möchten. "Wir müssen deshalb immer davon ausgehen, dass die Angaben unvollständig sind", sagt Heinz Behnd, Leiter Arbeitsgruppe Informatik der Schweizer Hausärzte. "Es wird sich schnell zeigen, dass die Karte nichts taugt", sagt er im 'Tagi'.
Während Hansueli Späth, Präsident der Gesellschaft für Allgemeinmedizin, eine "Denkpause" fordert, sind von Peter Rohner, Leiter des Kompetenzzentrums E-Health an der Uni St. Gallen, härtere Massnahmen gefordert: "Man sollte den Mut haben, das Projekt zu stoppen", so der E-Health-Experte. Für ihn ist der Nutzen der Karte nicht einsichtlich, und die Kosten werden unterschätzt. Die Karte sei zu wenig eingebettet in eine Gesamtarchitektur zur Informationsverarbeitung im Gesundheitswesen: "Es ist, als ob eine Bank eine Karte für den Geldbezug einführt, aber keine Bankomaten zur Verfügung stellt", sagt Rohner.
Auch der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür äussert Kritik. Er fordert eine permanente Kontrolle der Datenbearbeiter, die dieses "potenziell gefährliche Instrument" einführen. Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist man freilich anderer Meinung. Projektleiter Adrian Schmid glaubt, dass die Versichertenkarte die Administration in der Krankenversicherung effizienter gestalten wird. Er betont, dass medizinische Daten nur von Ärzten, Zahnärzten und Chiropraktikern nach Zustimmung des Karteninhabers gespeichert werden. Einsehen kann diese Daten nur medizinisches Personal und nur wenn es der Inhaber erlaubt. (mim)

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