

Exklusiv! Tessiner B-Source erleidet Schiffbruch mit neuer Bankenlösung
3. Mai 2007 um 16:37
Der Tessiner Banken-Dienstleister B-Source stoppt die Entwicklung der neuen, eigenen Kernbankenlösung mit dem Namen "Terraferma". Nun kommt Avaloq zum Zug.
Der Tessiner Banken-Dienstleister B-Source stoppt die Entwicklung der neuen, eigenen Kernbankenlösung mit dem Namen "Terraferma". Nun kommt Avaloq zum Zug.
Der Tessiner Banken-Outsourcer B-Source erleidet mit dem Vorhaben, eine eigene, neue Kernbankenlösung ("Terraferma" - deutsch: Festland) zu entwickeln, Schiffbruch, wie inside-it.ch aus gut informierten Kreisen weiss. Kunden für "Terraferma" wären die beiden Besitzerinnen von B-Source, die Banca del Gottardo und die Banca della Svizzera Italiana (BSI), gewesen. Doch die Banca del Gottardo hat sich im Oktober 2006 entschieden, nicht wie ursprünglich geplant, auf die neue IT-Plattform von B-Source zu migrieren. Ebenfalls letzten Oktober entschied sich die Coutts Bank von Ernst vom System von Boss Lab, wie B-Source bis 2005 hiess, auf Avaloq zu migrieren.
Wie die Coutts Bank von Ernst setzt nun auch die Banca del Gottardo unseren Informationen nach auf die Zürcher Kernbankenlösung Avaloq. Die Kosten für die abgebrochene Übung sind beträchtlich: Die Bank wies am 2. März in einer Medienmitteilung zum Geschäftsjahr 2006 "Kosten, Rückstellungen und Wertberichtigungen für strategische Projekte" in der Höhe von 44 Millionen Franken aus. Zudem belasteten drei Millionen Franken für "übrige ausserordentliche Faktoren" den Gewinn. Wie die Bank schrieb, enthalten die ausserordentlichen Wertberichtigungen hauptsächlich Aufwendungen für die strategische Neuausrichtung der Bank und die Anpassung der IT-Strategie. Das Outsourcing von Abwicklungs- und Infrastrukturdiensten an B-Source bleibe bestehen, schrieb die Bank, die seit dem 1. Juli 2005 37 Prozent der Aktien von B-Source hält. Den Rest hält BSI. Christian Moser, Sprecher der Banca del Gottardo, bestätigt den Ausstieg aus dem Projekt "Terraferma" grundsätzlich, hält sich ansonsten aber bedeckt. Moser sagt, der Entscheid habe "Kosten und Rückstellungen verursacht, da verschiedene IT-Projekte neu ausgerichtet werden mussten." Konkrete Zahlen nennt er nicht: "Wir möchten im Moment keine detaillierten Zahlen nennen."
Grosses Schweigen im Tessin
Die Meldung der Banca del Gottardo im März stiess auf erstaunlich wenig Echo – nämlich gar keines. Doch sie bedeutet für eines der grössten Schweizer Softwareunternehmen, nämlich B-Source, eine strategische Kehrtwende. Insider, die mit der Sache vertraut sind, berichten, dass die Entwicklung von "Terraferma" ganz gestoppt worden sei. Noch vor einem Jahr sprachen die B-Source-Chefs davon, ihre Bankenlösung neu zu bauen und ab Sommer 2006 in fünf Phasen bis 2008 auszuliefern. B-Source-Sprecherin Chiara Ciceri wollte auch auf hartnäckiges Nachfragen unsererseits hin keine Stellung beziehen – kündigte aber für morgen Freitag eine Pressemitteilung an. Ebenfalls erst morgen Freitag sollen die Mitarbeitenden von B-Source "informiert" werden. Worüber genau – auch das wollte die Sprecherin nicht sagen.
Grosses Geldverbrennen
Insider gehen davon aus, dass B-Source mit der nun gestoppten Entwicklung einer neuen Kernbankenlösung einen zweistelligen Millionenbetrag verbrannt hat. Noch im März 2006 hiess es, am Re-Engineering-Projekt von B-Source würden neben dem internen Projektteam auch 90 Mitarbeitende des indischen Softwareherstellers Infosys arbeiten.
Was genau schief gelaufen ist, ist (noch) nicht bekannt. Ebenfalls ist nicht bekannt, ob es im Zusammenhang mit dem Projektstopp zu Stellenabbau oder Entlassungen kommen wird oder bereits gekommen ist. In der Branche spricht man von einem bevorstehenden Köpferollen beim Tessiner Dienstleister. Auch auf diesbezügliche Fragen erhielten wir von B-Source keine Antworten.
Wie Henk van Gammeren, Head of Strategy & Market bei B-Source, bereits im März 2006 gegenüber inside-it.ch sagte, habe B-Source anfänglich auch in Erwägung gezogen, statt eine Gesamtlösung weiterzuentwickeln, eine Lösung oder Teile davon einzukaufen. Dazu ist es damals nicht gekommen, sondern man hat sich für das Re-Engineering zusammen mit Infosys und anderen Partnern entschieden. Doch nun, da das Projekt gescheitert ist, könnte B-Source gezwungen sein, einen Partner zu finden. Ein Entscheid für Avaloq liegt nahe, da ja bereits die Banca del Gottardo sich angeblich für die Zürcher entschieden hat. B-Source schweigt auch dazu, tönt aber an, dass die morgen erscheinende Pressemitteilung auch mit Avaloq besprochen werden soll. Gottardo-Sprecher Moser sagt: "Bezüglich neuer IT-Plattform arbeiten wir eng mit B-Source zusammen."
Ob Teile von "Terraferma" sozusagen aus ihrem Inseldasein gerettet werden und in die Avaloq-Umgebung implementiert werden, ist nicht bekannt. B-Source schweigt – vorerst – zu allem.
(Maurizio Minetti)
Loading
Avaloq zügelt in die Oracle "On-Prem Cloud"
Der Bankensoftwarehersteller holt sich die Oracle-Cloud ins Data Center und migriert Kunden auf eine neue Plattform. Infrastrukturchef Torsten Boettjer erklärt, warum er sich für diese Lösung zwischen eigenem RZ und Public Cloud entschieden hat.
Avaloq-Partner Confinale zieht es ins Tessin
Im Oktober eröffnet Confinale sein erstes Büro in Lugano, ganz in der Nähe von Partner Avaloq.
Die bewegte Geschichte der Thurgauer Kantons-Rechenzentren
Die Thurgauer Kantonalbank will das RZ des Amts für Informatik nicht mehr beherbergen. Es zieht an einen altbekannten Ort.
Bedag holt Leihpersonal für über 15 Millionen Franken
Der kantonseigene Berner IT-Dienstleister findet aber nicht alle benötigten Fachkräfte. Für Unterstützung im Bereich IT-Security ist kein Angebot eingegangen.