Gesundheitskarte stösst auf Skepsis trotz gewaltigem Sparpotenzial

2. Mai 2006 um 08:26
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Zürcher Hochschule Winterthur publiziert ausführliche Studie zur Machbarkeit einer Gesundheitskarte in der Schweiz.

Zürcher Hochschule Winterthur publiziert ausführliche Studie zur Machbarkeit einer Gesundheitskarte in der Schweiz.
Drei Institute der Zürcher Hochschule Winterthur haben zusammen mit der anteo partners AG eine detaillierte Studie zur Machbarkeit einer gesamtschweizerischen Gesundheitskarte, respektive eines "Health Information Clearinghouses" publiziert. Die Studie basiert auf ausführlichen Interviews mit den relevanten Playern im Schweizer "E-Health"-Umfeld: Ärzten (FMH), Kantone, Spitäler, Versicherern (santésuisse), Patientenorganisation (SPO), SUVA, Politik sowie einem RFI (Request for Information) an IT-Industrie in der Schweiz. Dazu werden rechtliche, ökonomische, medizinische und ethische Aspekte ausführlich beleuchtet.
Eine Gesundheitskarte würde - im Gegensatz zur bereits seit Anfang Jahr üblichen "Versichertenkarte" - auch medizinische Daten, z.B. Rezepte, speichern können. Damit erhofft man sich eine Rationalisierung der administrativen Abläufe im Gesundheitswesen und eine Verbesserung der Behandlungen. Im Gegenzug wirft die Gesundheitskarte Bedenken wegen des Datenschutzes auf, da sehr persönliche Informationen zum Gesundheitszustand jedes Einzelnen zentral abrufbar wären.
Potentiell gewaltige Einsparungen
Wie aus der Studie hervor geht, gibt es erst sehr vage und grobe Schätzungen, was die Einführung einer Gesundheitskarte kosten und was sie bringen würde. Die deutsche Beratungsgesellschaft Debold & Lux errechnete einen Investitionsbedarf von gegen 100 Mio. Franken und potentielle Einsparungen von jährlich über 30 Millionen Franken. Mit zusätzlichen Anwendungen der Gesundheitskarte bei der Medikamentenverschreibung könnten gar zusätzlich 144 Millionen Franken jährlich eingespart werden.
Noch beeindruckendere Zahlen ergibt sich aus Hochrechnungen der geplanten Einsparungen aus dem Tessiner Projekt "rete sanitaria". "Rete sanitaria" ist ein Pilotprojekt im Raum Lugano mit 2'500 Patienten. Die Hochrechnung kommt auf potentielle jährliche Einsparungen durch die Einführung einer Schweizer Gesundheitskarte von sage und schreibe 280 Millionen Franken. Diese Zahlen sind aber wie ausdrücklich vermerkt wird, "mit Vorsicht zu geniessen."
Viel Skepsis
Trotzdem wird der Einführung einer schweizweiten Gesundheitskarte samt dahinterliegender Infrastruktur viel Skepsis gegenüber gebracht. So warnt beispielsweise der Verband der Versicherer, santésuisse, davor, dass die Bemühungen um die Rationalsierung des Gesundheitswesen durch einen zu starken Fokus auf die Gesundheitskarte gar gebremst werden könnte. Santésuisse will sich vorerst auf die Entwicklung der einfachen Versichertenkarte konzentrieren. Auch für die SUVA ist die Gesundheitskarte heute nicht prioritär.
Bei den meisten Interviewpartnern stehen zudem Bedenken zum Datenschutz und potentiellen Missbrauch der Gesundheitskarte im Vordergrund. Ebenfalls zu viel Skepsis bezüglich des zu erwartenden Verhältnisses von Kosten und Nutzen führt die Tatsache, dass heute in der Schweiz noch sehr wenig konkrete und glaubwürdige Zahlen zum System "Gesundheitskarte" vorhanden sind.
Public Private Partnership vorgeschlagen
Um das gewaltige Projekt einer gesamtschweizerischen, einheitlichen Gesundheitskarte zu finanzieren, schlagen die Autoren der Studie eine "Public Private Partnership" vor.

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