Google-Algorithmus macht Informatiker zum Kriminellen

28. Juni 2021 um 12:04
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Das Foto eines Software-Entwicklers von Raiffeisen Schweiz ist einem bekannten Serienmörder zugeordnet worden.

Dass die Google-Suche gravierende Fehler machen und Daten falsch verbinden kann, hat Hristo Georgiev zu spüren bekommen. Ein ehemaliger Kollege habe ihn darauf hingewiesen, dass Google ihn zu einem Schwerverbrecher gemacht hat. Das schreibt Georgiev auf Twitter. Laut seinem Linkedin-Profil arbeitet er seit gut einem Jahr bei Raiffeisen als Software-Entwickler.
Er schreibt auf seinem Blog, dass eine Google-Suche nach seinem Namen ein Bild ergab, "das mit einem Wikipedia-Artikel über einen Serienmörder verlinkt ist, der zufällig denselben Namen wie ich trägt". Konkret hatte Google bei den Suchresultaten dem Wikipedia-Eintrag des 65-jährigen Verbrechers einen Infokasten mit dem Foto des viel jüngeren IT-Experten beigestellt.
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Screenshot: Blog von Hristo Georgiev
In dem Blog erklärt Georgiev, es habe sich "herausgestellt, dass Googles Knowledge-Graph-Algorithmus mein Foto irgendwie fälschlicherweise mit dem Wikipedia-Artikel über den Serienmörder in Verbindung gebracht hat". Das sei überraschend, weil der Name überhaupt nicht einzigartig sei, vielmehr hunderte ihn tragen. Trotzdem sei sein persönliches Foto mit dem Serienmörder in Verbindung gebracht worden: "Ich kann mir nicht wirklich erklären, wie das passiert ist, aber es ist seltsam".

Denkanstoss

In seinem Fall habe zwar jeder rasch in Erfahrung bringen können, dass er kein Serienmörder ist, schreibt er weiter. "Aber die Tatsache, dass ein Algorithmus, der von Milliarden von Menschen genutzt wird, Informationen so leicht auf eine solche Weise verbiegen kann, ist wirklich erschreckend", so Georgiev.
Die ungezügelte Verbreitung von Fake News und die "Cancel Culture" würden jeden, der nicht anonym ist, angreifbar machen. Wer heute im Internet präsent ist, muss sich um seine "Online-Repräsentanz" kümmern, findet er. Ein kleiner Fehler im System kann zu allem führen, von einer kleinen Unannehmlichkeit bis hin zu einer Katastrophe, die Karrieren und den Ruf von Menschen innerhalb weniger Tage dezimieren kann.
"Bis heute hatte ich immer die Denkweise, dass solche Dinge nur anderen Leuten passieren, aber mir wahrscheinlich nie. Damit lag ich sicherlich falsch", hält Georgiev fest.
Und formuliert als Denkanstoss: "Vielleicht ist es keine so gute Idee, die Informationen der Welt von einer einzigen Internetfirma organisieren zu lassen".
Der IT-Spezialist bedankt sich übrigens bei der Community der HackerNews. Dort sei das Problem angesprochen worden, was den Prozess der Bereinigung erheblich beschleunigt habe. "Es ist kein Schaden entstanden oder keiner, von dem ich weiss", schliesst Georgiev auf Twitter.

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