Experten für Computersicherheit der University of Massachusetts Amherst und der University of Washington haben gezeigt, dass auch Herzschrittmacher gehackt werden können. In einem Laborexperiment konnten sie über eine drahtlose Verbindung auf einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD) zugreifen. Neben potenziell tödlichen Manipulationen des Geräts war auch der Diebstahl von Patientendaten möglich. Die Ergebnisse sollen bei einem Symposium des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) im Mai 2008 offiziell vorgestellt werden.
Für die Untersuchungen zu Sicherheits- und Datenschutzaspekten haben die Forscher ein derzeit gängiges Gerät verwendet, wie es in den USA von hunderttausenden Patienten bis hin zu Vizepräsident Dick Cheney genutzt wird.
Die Erzeugung von für einen realen Patienten potenziell fatalen Stromstössen war die spektakulärste Manipulation am ICD, die den Forschern in ihren Versuchen gelungen ist. Mit der dabei genutzten Telekommunikationsausrüstung konnten sie aber auch vom Implantat drahtlos übermittelte Patientendaten abfangen. Diese seien unverschlüsselt übertragen worden, kritisieren die Sicherheitsexperten. Das Problem fehlender Kryptografie werde durch das Fehlen einheitlicher Standards für Datenübermittlung im medizinischen Bereich und die Frage der Entfernung relativiert, heisst es von Medtronic Deutschland.
Implantierbare medizinische Geräte haben in der Regel keine starken Sender, die für die Datenübermittlung auf grosse Entfernungen geeignet wären. "Die Sendeleistung ist für den unmittelbaren Nahbereich ausreichend", meint Andreas Bohne, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Metronic Deutschland, im Gespräch mit 'pressetext'. In vielen Fällen müsse der Empfänger praktisch direkt an die Haut gehalten werden. "Es ist schwerlich vorstellbar, dass es zu einer Manipulation kommt", meint Bohne. Auch die US-Forscher geben an, dass sich ihre Versuchsausrüstung in unmittelbarer Nähe des Maximo-ICDs befand. Mit grösseren Entfernungen zwischen Antenne und Implantat, wie sie für reale Angriffe wohl nötig wären, wurde nicht experimentiert. Reale Hackerangriffe auf medizinische Implantate sind den Forschern bislang nicht bekannt.
"Die Risiken für Patienten sind derzeit sehr gering, aber ich mache mir Sorgen, dass sie ansteigen könnten", meint Tadayoshi Kohno, Forscher der University of Washington, gegenüber den New York Times. Die Verbreitung von implantierbaren medizinischen Geräten aller Art, die drahtlos mit der Aussenwelt kommunizieren, steigt an. Fragen der Sicherheit und des Datenschutzes fänden bei solchen Geräten zu wenig Beachtung, glauben die Forscher. Ihre Untersuchungen sollen helfen, das zu ändern. Dabei haben sie auch drei Ansätze vorgeschlagen, wie ohne Energiebedarf die Sicherheit verbessert werden könnte. Einer davon ist eine Warnung vor Kommunikationsversuchen, beide andere umfassen Kryptografieaspekte.
Zwar erfolgt die offizielle Publikation der Forschungsergebnisse erst anlässlich des 2008 IEEE Symposium on Security and Privacy im Mai. Das Forschungspaper wurde aber bereits jetzt
veröffentlicht)