Wieder ein Milliardenabschreiber bei HP - Autonomy soll seine Finanzlage vor dem Kauf falsch dargestellt haben.
Was viele Beobachter schon vor einem Jahr vermuteten, stellt sich nun als wahr heraus: HP hat für die Übernahme des britischen Softwareherstellers Autonomy zu viel bezahlt. Viel zu viel. HP reduziert den immateriellen Wert des Automomy-Geschäfts in seiner aktuellen Bilanz um nicht weniger als 8,8 Milliarden Dollar, also fast drei Viertel des Kaufpreises von 12 Milliarden Dollar.
Den Hauptgrund sieht HP nicht bei eigenen Fehleinschätzungen. Eine interne Untersuchung habe ergeben, dass die Zahlen, die HP vor dem Kauf zu Gesicht erhielt, ernsthafte Buchaltungsmängel enthielten. Zudem habe Autonomy gewisse Informationen verschwiegen und einige Sachlagen offensichtlich falsch dargestellt. Das wiederum habe dazu geführt, dass man den Wert von Autonomy bei der Übernahme klar zu hoch eingeschätzt habe. HP führt den grösseren Teil des Abschreibers - mehr als 5 Milliarden Dollar - direkt auf die falschen Finanzinformationen zurück.
Polizei ist eingeschaltet
In einem Statement erklärt HP zudem, dass man dahinter Absicht vermutet: Man sei "extrem enttäuscht", dass einige frühere Mitglieder des Autonomy-Managements die Manipulationen benützt hätten, um die finanziellen Eckdaten des Unternehmens "aufzublasen". Es "scheine" so, als ob es eine bewusste Anstrengung gegeben habe, potentielle Investoren und Käufer in die Irre zu führen.
Laut HP wurde die Untersuchungsabteilung der US-Börsenaufsicht sowie das britische Betrugsdezernat über die Sachlage informiert. Der IT-Riese kündigte zudem an, in den nächsten Monaten auch selbst zivilgerichtliche Klagen gegen verschiedene Parteien einreichen zu wollen, um seine Verluste möglichst wieder wettzumachen.
Auf die Spur der Manipulationen sei man gekommen, als sich ein Autonomy-Manager nach dem
Abgang des früheren Chefs Mike Lynch freiwillig mit Informationen zu den früheren Mauscheleien meldete. Konkret habe Autonomy beispielsweise den Umsatz mit Low-end-Hardware - Autonomys "Idol"-Server - falsch dargestellt und ihn zudem unberechtigterweise als Software-Lizenzeinkommen deklariert. Dieses Geschäft mit Low-end-Hardware hat laut HP eine "negative Marge" - sprich, es ist ein Verlustgeschäft. Ausserdem wirft HP dem früheren Autonomy-Management vor, Lizenztransaktionen mit Resellern benützt zu haben, um Umsätze früher verbuchen zu können, als sie eigentlich anfielen, beziehungsweise sogar um Umsatz zu "kreieren", auch wenn gar keine Endkunden existierten. (Hans Jörg Maron)