IBM, Google, Microsoft und Co. für eine liebe KI

23. Januar 2020 um 16:33
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Angesichts des Diskurses über KI und Ethik melden sich Tech-Konzerne zu Wort. Die Absichtserklärungen ähneln sich, aber will jemand Gesetze?

In Anbetracht der Potentiale aber auch Gefahren von KI, wird die Diskussion über ethische Standards aber auch verbindliche Regulierungen immer wieder hochgekocht. Von der OECD über die EU bis zu den einzelnen Nationalstaaten gibt es deshalb vorrangig Absichtserklärungen, wie man die Technologie regulatorisch in den Griff kriegen will.
Im aufgeladenen öffentlichen Diskurs möchten auch die Tech-Firmen nicht ins Hintertreffen geraten und haben entsprechend reagiert: Bereits 2016 wurde unter anderem von Google, Apple, Amazon, Facebook, IBM und Microsoft ein Konsortium gegründet, um regelmässig über Ethik und Privatsphäre zu verhandeln – mit dem Versprechen kein Lobbying zu betreiben.
Google hat sich im Sommer 2018 zu sieben Kriterien für eine "nette" KI bekannt. CEO Sundar Pichai unterstrich zudem kürzlich die Notwendigkeit von Regulierungen. Auch IBM veröffentlichte vor rund zwei Jahren Prinzipien für den Umgang und Einsatz von KI. Nun hat sich Big Blue nochmals ausführlich zum Thema geäussert.

IBM will von KI-Prinzipien zu Regeln weiterschreiten

Prinzipien seien hilfreich, aber man müsse nun zu Regeln übergehen: "Die Verpflichtung zur Offenlegung – je nach Anwendungsfall und Endbenutzer – sollte für viele Unternehmen, die KI-Systeme erstellen, vertreiben oder kommerzialisieren, Standard sein", heisst es im Blogbeitrag von IBM. So soll es eine Offenlegungspflicht im Bereich Gesichtserkennung geben, aber auch für den KI-Einsatz im Allgemeinen soll in sensiblen Anwendungsfällen ähnliches gelten.
Schaut man sich die Vorschläge der Firmen an, findet man offenbar keine gemeinsamen ethischen Prinzipien, wie kürzlich Forscher der ETH Zürich festgestellt haben. Aber es sind ähnliche Fragen, die in mehr als der Hälfte der untersuchten 84 Dokumenten auftauchen: Transparenz, Gerechtigkeit & Fairness, das Verhindern von Schaden, Verantwortung sowie Datenschutz & Privatsphäre.
IBM fordert in der neusten Verlautbarung, dass Firmen einen KI-Ethik-Beauftragen ernennen, der interne Richtlinien erlässt und über ihre Einhaltung wacht. Die Transparenz, Dokumentation und das Testen soll dann konkret je nach Einsatzgebiet und Institution abgestuft geregelt werden.

Der Staat als Gretchenfrage

IBM unterstützt die von der OECD vorgeschlagenen Grundsätze zum Umgang mit KI. Die 36 Mitgliedstaaten der Organisation haben dabei allerdings keine verbindlichen Regeln, sondern eine Art Grundsatz definiert.
Einen Hebel für die Durchsetzung der Regeln sieht IBM dann auch in einem Anreizsystem für Anbieter und Eigentümer von KI-Systemen. So soll je nach Einhaltung der freiwilligen Standards ein abgestufter Haftungsschutz umgesetzt werden. Zudem sollen bestehende Regulierungsmechanismen anerkannt und Standards geschaffen werden.
Da ging Google-Chef Sundar Pichai kürzlich weiter, als er forderte, dass Regierungen und Regulatoren das Thema besser früher als später in Angriff nehmen und einen Rahmen schaffen sollen. Wobei auch er dies wiederum relativierte.
Offenherzig zeigte sich derweil Microsoft-President Brad Smith, der zwar auch Regeln befürwortete, aber gegen einen EU-Vorschlag polemisierte.

Der Europarat berät intensiv in der Frage

Der Europarat mit seinen 47 Mitgliedsstaaten hält derweil umfangreiche Beratungen zu KI ab und plant eine Art Konvention vorzulegen. Jan Kleijssen, Direktor in der Generaldirektion Grundrecht und Rechtsstaatlichkeit des Europarats, schreib dazu auf Twitter: "Wir brauchen Regeln. Rechtliche und durchsetzbare. Dringend."
Kürzlich sickerte ein White Paper der EU durch, das als Grundlage für eine Diskussion künftiger Regulierung dienen soll. Darin wird ein Moratorium als mögliche Option vorgestellt, mit dem Gesichtserkennung im öffentlichen Raum für bis zu fünf Jahre verboten werden könnte – bis Regeln vorliegen.

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