Informatiker-Mangel: Es liegt nicht an der Demografie

2. Mai 2014 um 08:24
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Seco lässt den Fachkräftemangel der verschiedenen Berufe in der Schweiz untersuchen. Nachwuchs fehlt angeblich nur in einem von total fünf Berufen in der Informationstechnologie.

Seco lässt den Fachkräftemangel der verschiedenen Berufe in der Schweiz untersuchen. Nachwuchs fehlt angeblich nur in einem von total fünf Berufen in der Informationstechnologie.
Das Thema "Fachkräftemangel" wird uns noch lange beschäftigen. Und die Zustimmung einer knappen Mehrheit zur "Masseneinwanderungsinitiative" wird die Problematik zweifellos verschärfen.
Doch was genau ist "Fachkräftemangel"? Gibt in jeder Branche, die sich über Nachwuchsmangel beklagt, zuwenig Fachleute? Diese Frage hat das Staatssekretariat für Wirtschaft von einem Basler Beratungsbüro untersuchen lassen. Das Büro hat vier "Knappheitsindikatoren" definiert, die auf echten Fachkräftemangel hinweisen und dann elf Berufsfelder analysiert. Das Resultat der Untersuchung wurde Mitte April vom Seco in einer kostenlosen Studie veröffentlicht.
Schon nur die Definition der "Knappheitsindikatoren" in der Studie ist interessant. Es sind dies: "Deckungsgrad" (wieviele Stellen sind durch korrekt qualifizierte Fachleute besetzt?), "Zuwanderung" (wie hoch ist der Anteil der zugewanderten Personen in einem Berufsfeld?), "Arbeitslosenquote" (wie hoch ist die Arbeitslosenquote im entsprechenden Berufsbild) und "Quote der offenen Stellen" (wie hoch ist die Quote der offenen Stellen in diesem Berufsfeld?). Diese Indikatoren werden dann mit dem Durchschnitt aller Stellen verglichen um zu bestimmen, ob bestimmte Berufsfelder wirklich vom "Fachkräftemangel" betroffen sind.
Informatik keineswegs am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen - es gibt aber sehr viele offene Stellen
Auffallend ist, dass keineswegs nur Berufe mit sehr hohen Ansprüchen an die Ausbildung einen Nachwuchsmangel beklagen müssen. Und dass Informatik keineswegs am heftigsten unter Fachkräftemangel leidet. So gibt es in der Informatik fast so viele Arbeitslose (2,7 Prozent) wie in der Gesamtwirtschaft (3,3 %). In anderen Berufen, zum Beispiel bei anderen Ingenieurberufen, bei Technikern und in Unterrichtsberufen ist die Arbeitslosenquote einiges tiefer. So sind nur 0,9 Prozent der Fachleute in Unterrichtsberufen arbeitslos und nur 1,5 Prozent der IngenieurInnen.
Ebenfalls nicht an der Spitze steht Informatik, wenn es um die Besetzung von Stellen durch Eingewanderte geht. Ganz vorne stehen bei diesen Indikatoren wenig qualifizierte Berufe wie Gastgewerbe, Dienstleistungsberufe und das Baugewerbe. 15,9 Prozent aller Informatik-Stellen sind mit Eingwanderten besetzt, fast gleich viel wie im Schnitt aller Stellen (14,1 Prozent).
An der Spitze steht Informatik hingegen bei der Quote der offenen Stellen. Acht Prozent aller IT-Stellen sind unbesetzt. Nur bei Technischen Zeichnern sind es noch mehr (11,9 Prozent). (Siehe Grafik oben).
Nur einer von fünf IT-Berufen von Fachkräftemangel betroffen?
Glaubt man der Studie, so ist die Alterstruktur in Informatik-Berufen übrigens eher weniger ein Problem als in anderen Berufen. Der Anteil von über 50-jährigen liegt bei 21 Prozent, wesentlich weniger als in der Gesamtwirtschaft. "Ein erhöhter demografisch bedingter Ersatzbedarf kann nicht festgestellt werden," heisst es auf Seite 86 der Untersuchung.
In der Studie wird das Berufsfeld Informatik-Berufe in fünf verschiedene Berufe aufgebrochen. Da die Autoren der Studie Definitionen, wie sie in der Statistik üblich sind, verwenden müssen, verlieren die Angaben bei der Detailbetrachtung an Wert. Gemäss Studie gibt es total 97'000 Beschäftigte in Informatikberufen (in Wirklichkeit sind es mehr). In vier der fünf Informatik-Berufen finden man gemäss Studie keinen Fachkräftemangel. Allerdings ist die Definition der einzelnen Berufe wenig sinnvoll, weil sie veraltet ist: Informatiker/innen und AnalytikerInnen / Programmierer/innen / Informatikoperateure/operatricen / Webmasters / Andere.
Trotzdem: Die Studie des Seco ist für alle, die sich mit (Weiter-)Bildung und Fachkräftemangel beschäftigen, interessant. (hc)

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