

KI und Machine Learning bei Swisscom hier und jetzt
22. März 2018 um 10:05
"Ist KI schon Realität? Wir behaupten: Ja." Real existierende KI- und Machine-Learning-Projekte bei Swisscom und erste Learnings.
"Ist KI schon Realität? Wir behaupten: Ja." Real existierende KI- und Machine-Learning-Projekte bei Swisscom und erste Learnings.
Das Information Center und IT-Services Managers Forum Schweiz (ICMF/ITS) hat kürzlich eine Tagung zum Thema "Künstliche Intelligenz – auf dem Weg zur Realität?" durchgeführt. Dabei gab es einige spannende Informationen zum Einsatz von Machine-Learning-Systemen beispielsweise bei Swiss Re und der SBB. Wir wollen hier aber einen Vortrag des Swisscom-Manns Joel Agard herauspicken. Er beschäftigte sich mit Artificial Intelligence und Machine-Learning im Kundenservice und beschrieb zwei reale Beispiele, die Swisscom für zwei Unternehmenskunden entwickelt hat beziehungsweise entwickelt.
Joel Agard ist Market Initiative Manager AI und ML bei Swisscom Digital Enterprise Services. Seine Antwort auf die Frage, ob AI schon Realität ist, ist klar: "Wir behaupten: Ja." Wie er ausführte, gibt es bereits in vielen Bereichen Projekte – von Security über Human Resources, die Rechtsabteilung, den Kundenservice bis zum Marketing. Agard und sein Team arbeiten an Projekten im Bereich Kundenservice.
Das erste Anwendungsbeispiel, das er nannte, ist die Triage von schriftlichen Support-Anfragen, die via E-Mail, Chats, Online-Formulare und sogar per Post eintreffen. Bisher war beim Kunden, dessen Name Agard nicht nannte, ein Team von Mitarbeitenden dafür zuständig, diese Anfragen an den richtigen Service oder den richtigen Spezialisten weiterzuleiten. Eine aufwendige Sache, und die Trefferquote an korrekten Weiterleitungen war mit 60 Prozent auch nicht berauschend.
Auch eine KI lernt nicht aus
Nun sollte diese Dokument-Triage durch eine KI durchgeführt werden. Diese muss also die Anfragen lesen, ihren Inhalt "verstehen" und sie darauf basierend klassifizieren können. Ausserdem stuft sie die Klassifizierung danach ein, wie sicher sie sich ist. Liegt dieser sogenannte "Confidence Level" unter einem bestimmten Wert, geht das Dokument weiterhin an einen Menschen zur Beurteilung.
Wie jedes Machine-Learning-System musste die KI zuerst mit historischen Daten, also alten Anfrage-Mails usw. trainiert werden. Nach zwei Trainingsdurchgängen, so Agard, erreichte die KI bereits eine Trefferquote von über 70 Prozent.
Danach wurde ein Feedback von den Endempfängern der Dokumente zur KI eingerichtet. Dadurch konnte diese weiter lernen und ihre Trefferquote letztendlich auf über 90 Prozent erhöhen. Ausserdem stellte man fest, dass es bei einem Grossteil der internen Anfragen um Passwort-Resets ging. Diese, so wurde beschlossen, kann die KI auch ohne Weiterleitung an einen Menschen selbständig beantworten.
Insgesamt, so fasste Agard zusammen, erreichte man mit der KI-gestützten Triage in diesem Fall eine höhere "first time right"-Quote bei der Weiterleitung und insgesamt eine Reduktion der Bearbeitungszeit um rund 40 Prozent. Der Erfolg eines solchen Projekts hänge aber insgesamt auch von der Menge der Daten ab, die man zum Training der KI zur Verfügung hat, sowie von der Zahl der Klassen, in die Dokumente eingestuft werden sollen.
Stimm- und Spracherkennung im Contact Center
Beim zweiten Beispiel ging es um den Einsatz eines "Speech-to-Text"-Systems, kombiniert mit Inhaltsanalyse und Stimmidentifikation im Contact Center einer Krankenkasse. Bisher musste der – möglicherweise bereits gestresste oder verärgerte – Kunde sich durch ein IVR-System (Interactive Voice Response) kämpfen. "Sprechen sie Deutsch, dann wählen sie die 1 – beep – handelt es sich…". Dann wird der Kunde, möglicherweise nach langer Wartezeit, mit einem Agenten verbunden. Und diesem muss er dann erst noch durch die Beantwortung von Sicherheitsfragen seine Identität beweisen, bevor er endlich das Problem schildern kann.
Swisscom arbeitet nun an einem Speech-to-Text-System, dass das IVR ersetzt, gleichzeitig die Identitätsprüfung übernimmt und dem Agenten erste Informationen über den Fall liefert.
Bei diesem System wird der Anrufer erst automatisch aufgefordert, sein Problem mündlich zu schildern. Die KI entscheidet darauf basierend, mit welchem Agenten er verbunden werden soll. Die KI übernimmt auch gleich noch die Identifikation durch Stimmerkennung. Der Agent kann sich also ohne Umschweife dem Problem des Kunden widmen.
Für die Verifikation eines Stimmabdrucks braucht das System laut Agard 20 Sekunden Sprechzeit. Die vorgängige Erstellung eines Stimmabdrucks wird bei einer klassischen Identifikation durch Sicherheitsfragen durchgeführt und benötigt 40 Sekunden. Danach sei die Identifikation "sicherer als durch einen Fingerabdruck."
Laut Agard profitieren in diesem Beispiel alle beteiligten Parteien. Das Unternehmen erreicht eine Kostenreduktion durch kürzere Bearbeitungszeiten. Agenten freuen sich darüber, dass sie repetitive und ineffiziente Aufgaben loswerden und Kunden darüber, dass sie schneller kompetente Antworten erhalten und sich auch nicht dauernd wiederholen müssen.
Swisscom-Learning: Klein anfangen
Swisscom habe bei den ersten KI-Gehversuchen viele Erfahrungen gesammelt und gelernt, sagte Agard. Es sei zum Beispiel wichtig, die Mitarbeiter von Anfang an miteinzubinden. Insbesondere Early Adopters könnten als interne Coaches für die anderen Mitarbeiter sehr viel zum Erfolg eines Projektes beitragen.
Eine weitere Erkenntnis sei, dass grosse End-to-End Projekte nicht immer zielführend seien. Praktisch jeder Kunde habe andere interne Strukturen. Swisscom konzentriere sich daher gegenwärtig auf Lösungen, "welche technologie-agnostisch verwendet werden können", die man also in bestehenden Strukturen und Architekturen beim Kunden einbauen könne und die schnell einen Nutzen bringen.
Man könne nicht von Anfang an überall KI einsetzen. Agards genereller Rat ist daher: "Schneiden Sie sich kleine Stücke ab." Man solle sich anfangs auf "Low Hanging Fruit" konzentrieren, beziehungsweise Projekte, die schnell, möglichst schon nach ein paar Wochen, Resultate bringen.
Und er betonte: "Der Service Bot steht nicht in Konkurrenz zu den Mitarbeitenden. Wir wissen, dass Serviceanliegen oft sehr emotional sind. Deshalb sehen wir den Bot nicht als Ersatz, sondern viel mehr als elektronischen Kollegen, der Hand in Hand mit dem Team arbeitet." (Hans Jörg Maron)
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