

KIs steiniger Weg in die Logistik
12. April 2017 um 14:48Künstliche Intelligenz (KI) hat im Passagierverkehr einen festen Platz. Nun traut man sich in die wesentlich komplexere Welt des Güterverkehrs. Auch in der Schweiz.
Künstliche Intelligenz (KI) breitet sich immer mehr aus. Auch im Passagierverkehr hat KI einen festen Platz. Nun traut man sich in die wesentlich komplexere Welt des Güterverkehrs. Auch in der Schweiz.
Ob Einsatzunterstützung, Flug- oder Bahnpreise sowie Routen- oder Streckenplanung – überall im Passagierverkehr unterstützen Big-Data-Analytics und KI-Algorithmen den Entscheidungsprozess. Im Frachtverkehr will man KI-Lösungen verstärkt einsetzen. Das ist aber herausfordernd: "KI-Lösungen für den schienengebundenen Frachtverkehr sind wesentlich komplexer, als vergleichbare Anwendungen im Passagierverkehr", sagt Gerhard Kress, verantwortlich bei Siemens für den Bereich "Predictive Maintenance".
Sein Vorzeigeprojekt ist die Vorhersage von Komponenten-Ausfällen bei der spanischen Eisenbahn-Gesellschaft Renfe, die für die High-Speed-Strecke von Madrid nach Barcelona vertraglich Pünktlichkeit garantiert. Hier erhalten die Passagiere ihr Geld zurück, falls der Zug mehr als 15 Minuten Verspätung hat. Siemens trägt dabei die Kosten, das heisst, es übernimmt die Erstattungen. Das kann Siemens aber nur, weil es alle wichtigen Komponenten überwacht und mittels genauer Vorhersagealgorithmen die Komponenten rechtzeitig austauschen kann.
Für den Güterverkehr ist ein solches Modell allerdings noch nicht möglich, weil nicht alle Einflussfaktoren unter der Kontrolle von Siemens stehen. So werden die Wagen erst kurz vor der Abfahrt bereitgestellt, wodurch sich schon die Abfahrtzeit verschieben kann. Ausserdem kommen auch Wagons aus vielen verschiedenen Ländern zum Einsatz, die nicht mit den nötigen Sensoren ausgestattet sind. Und letztlich ist der Frachtverkehr zweitrangig hinter dem Personenverkehr, was wiederum zu unvorhersehbaren Verzögerungen führen kann.
Alles in allem deckt Siemens deshalb nur einen kleinen Aspekt der KI-Möglichkeiten ab. So werden die spanischen Wagons mit allen erforderlichen Sensoren bestückt und die dabei anfallenden Daten werden der Bahngesellschaft als Datenservice angeboten. IT-seitig begann Siemens auf einem hausintern – weil verfügbaren – Teradata-System des gleichnamigen Analytics-Anbieters.
Doch inzwischen läuft die Teradata-Software auf der AWS-Plattform. "Aus Kostengründen", sagt Kress lapidar.
Teilerfolge in der Schweiz
Auch wenn sich die Performance des Bahn-Passierverkehrs noch nicht auf den Güterverkehr übertragen werden lässt, so gibt es doch schon Teilerfolge zu vermelden. Die Schweizer Unisys hat soeben seine Digistics-Plattform freigeschaltet. Dabei handelt es sich um eine frei konfigurierbare Cloud-Umgebung zum Managen aller Logistik-Prozesse.
Das sind zunächst die klassischen Funktionsbereiche wie Buchhaltung, Rechnungswesen und Warenwirtschaft. Doch darüber hinaus ist Digistics ein leistungsstarkes Analyse-Tool, mit dem aufgrund von aktuellen und projizierten Daten sowie leistungsstarken Algorithmen plattformübergreifende Auswertungen und Vorhersagen getroffen werden. "Gerade der Analytics-Teil verschafft den Luftfrachtunternehmen eine neue Qualität an operativer Effizienz", sagt Unisys-Manager Christian Gesser.
Was den KI-Einsatz auf Komponenten-Ebene angeht, so ist man bei dem Schweizer Logistiker Kühne + Nagel (K+N) ganz weit vorne dabei. Dort wurden im März 50 Container in Betrieb genommen, die aufgrund einer KI-basierten Steuerung wesentlich Temperatur-stabiler sind, als die bisherigen Container. "Die Bandbreite der vorgegebenen Soll-Temperatur ist jetzt um 80 Prozent schmaler", schwärmt K+N-Sprecher Karl Olaf Petters.
Die neuen Container sollen in der Pharma-Logistik zum Einsatz kommen, wo eine hohe Temperatur-Verlässlichkeit wichtig ist und wo gleichzeitig der Wertverlust durch verdorbene Ware sehr hoch sein kann.
Technologisch basieren die neuen, komplexen KI-Systeme vor allem auf den Methoden von Deep-Learning, also der Lernfähigkeit von Programmen. Das heisst, sie können sich selbst umprogrammieren. Dabei nutzt Deep-Learning unvorstellbare Datenberge, um daraus neue Erkenntnisse abzuleiten. Teradatas Chef-Technologe, Stephen Brobst, sieht deshalb bereits eine Benachteiligung der mittelständischen Betriebe. "Der Mittelstand kann nicht die Datenmenge produzieren, die für Deep-Learning erforderlich sind, deshalb wird diese Technologie nicht für seine Probleme nutzbar sein", sagte er im Gespräch mit inside-it.ch. (Harald Weiss)
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