Kommentar: Apothekers Spiel mit dem Feuer

22. August 2011 um 13:39
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Hat HP-Chef Léo Apotheker ein Kommunikationsproblem?

Hat HP-Chef Léo Apotheker ein Kommunikationsproblem?
HP-Chef Léo Apotheker, den ich ein paar Male bei Anlässen seines ehemaligen Arbeitgebers SAP gesehen habe, ist ein sympathischer Mensch. Er ist sprachgewandt, lächelt oft verschmitzt und erinnert an eine Katze, die eben einen herzigen Singvogel verspiesen hat.
Apotheker ist aber auch ausgesprochen unverblümt und hat damit schon bei SAP mehr als nur angeeckt. Als SAP-CEO sprach er noch und noch davon, welche schöne Gewinnmarge mit der Kundschaft nicht verhindern.
Auch bei der Belegschaft, die bei einem Software-Hersteller und Hightech-Unternehmen wie SAP das wichtigste Asset der Firma darstellt, kam Apotheker mit den meistens an Shareholder gerichteten Botschaften nicht gut an, was ihn zum Schluss den Job gekostet hat.
Seit letzten November steht Apotheker nun an der Spitze des weltweit grössten Computer-Herstellers Hewlett-Packard. Während er in den ersten Monaten zwar verkündete, er wolle mehr höhermargige Produkte und Dienstleistungen verkaufen aber auch am PC-Tablet-Smartphone-Business festhalten, kam letzten Donnerstag die radikale Kehrtwende. Der Konzern will das PC-Geschäft loswerden, schreibt das beim Kauf von Palm investierte Geld ab und zieht sich aus zwei Zukunftsmärkten, Tablet-PCs und Smartphones, zurück. Die Strategie ist nachvollziehbar: HP hat im PC- und Notebook-Geschäft (anders als bei den Druckern) wenig eigene Technologien und die Marge wird sich auch mit Hurd'schen Methoden nie in die Höhe prügeln lassen, die man von einem US-Technologieunternehmen erwartet und die ein CEO gerne seinen Aktionären verspricht.
Doch warum nur will HP Kunden, Mitarbeitende und Reseller während mehr als einem Jahr im Ungewissen lassen? Und warum nur musste Apotheker den Beschluss, die Zukunft der PC-Division in Frage zu stellen, letzten Donnerstagabend unbedingt der ganzen Welt erzählen? Musste er, weil es sowieso Lecks im Verwaltungsrat oder bei Beratungsfirmen gegeben hätte? Wollte er die relativ schlechten Zahlen des Konzerns durch die Aussicht auf höhere Margen versüssen? Glaubte HP, nur so den Vorschriften der Börsenaufsicht genügen zu können - oder hat man halt doch - wie schon bei SAP - die Wirkung von Kommunikation auf Kunden, Mitarbeiter und Partner unterschätzt?
Armer HP-Channel
Dass Apotheker die Zukunft des PC-Geschäfts öffentlich in Frage stellt und sich der Konzern gleichzeitig 18 Monate Zeit gibt, um zu entscheiden, ob man PSG (Personal Systems Group) behalten, verkaufen oder in eine eigene Firma auslagern will, ist schlecht für HP und schlecht für den Channel, selbst wenn er den Verkaufsprozess beschleunigen sollte, wie man bei HP vielleicht hofft. Denn die Kunden werden sich fragen, ob sie noch in HP-PCs investieren sollen, während die Leute der PSG nicht wissen werden, ob sie eine Zukunft in der Firma haben, und HP-Händler sich wohl oder übel schon mal nach einer Alternative umsehen müssen.
18 Monate sind eine viel zu lange Zeit der Unsicherheit für den grössten PC-Hersteller der Welt. Zumal die Unsicherheit auch nach einem allfälligen Entscheid anhalten wird, da ja der (wohl am ehesten asiatische) Käufer die Firma umbauen wird.
Man kann Apotheker für den Flop mit Palm und dem 'TouchPad' nicht verantwortlich machen. Wohl aber für den Schaden, den die frühzeitige Ankündigung des Abschieds vom PC-Geschäft anrichten wird. (Christoph Hugenschmidt)

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