Leider Nein (gequälte Folge)

5. Juli 2013 um 15:53
  • kolumne
  • leider nein
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Und hier noch unsere Freitagabend-Nachricht.

Es gibt Tage, da hängt die Redaktion hektisch am Telefon, laufend erzählt man sich gegenseitig neue sensationelle Geschichten, die man auch noch machen könnte, alle drei Minuten flutscht eine noch aufregendere Mitteilung ins Redaktionspostfach, Freunde rufen an und erzählen von spektakulären Konkursen, Entlassungen von CIOs und abgebrochenen Software-Projekten. Es ist laut, wir sind schnell und findig und Abends gratulieren wir uns gegenseitig und sagen: "Heute waren wir gut".
Und es gibt Tage, da ist alles lauwarm. Wir streiten mit unserem Chef, der jede Story unwichtig findet und "hatten wir schon" sagt, man klappert verzweifelt nicht nur die hie und da ergiebige 'Digitimes' aus Taiwan, sondern auch grad noch 'Peoples Daily', die 'Economic Times' aus New Dehli und die 'Seattle Times' ab, ständig ein Auge auf Twitter gerichtet, in dem doch nur die ewig gleichen furchtbar lustigen Gockel ihre Formulier-Federn spreizen. Alles ist langweilig: "US-Reseller kritisieren Microsoft, weil nur LARs Surface verkaufen dürfen" - langweilig - Surface will ja eh keiner kaufen. "Ein Samsung-Smartphone explodiert in der Hosentasche einer Malerin" - gähn - das Zeugs explodiert doch schon seit sieben Jahren. (Gähn!)
Kein Trost und keine Rettung kommen aus dem Redaktionspostfach: "Im Zeitalter der Medien-Anarchie nicht den roten Faden zu verlieren, braucht es neue Regeln und Gewissheit für die Kommunikation und den Einsatz von Social Media. Wer diesen Trend nicht aufnimmt und diese Gesetzmäßigkeiten für sich nutzt, wird keine Spur im Web 2.0. hinterlassen, sagen Experten," schreibt uns keine Spur hinterlassend pressetext. Auch nicht wacher wurden wir durch "Intellicomp macht die Cloud zum Sperrgebiet für Datendiebe und Spähangriffe". Im Halbschlaf sinnieren wir darüber, wie so ein "Sperrgebiet für Spähangriffe" aussehen könnte. Und "Frischer Fisch, schlanke IT? NORDSEE setzt auf IGEL Thin Clients" lässt uns abdriften, nämlich zur Frage, ob es denn wirklich möglich sei, schon um 16 Uhr wieder Hunger zu haben ("Geht niemand Glacé in der Migi holen?"). Kurz bevor der Kopf aufs Pult knallt, erhaschen wir aus den Augenwinkeln "Computer-Pille überwacht User-Gesundheit. Mini-Rechner sammelt Daten oder verschickt E-Mails", unsere Gedanken verlangsamen sich und beginnen in immer grösseren Kreisen um die Frage zu drehen, ob nicht vielleicht früher schon "Mini-Rechner E-Mails verschickt" haben könnten.
Was ist nur los mit uns? Die gestrige Orgie in Krohnbühl kanns nicht gewesen sein, denn 66 Prozent der heutigen Belegschaft hatten zuhause bleiben müssen. Vielleicht sind wir einfach nur newsmüde, analyseschlapp, telefonophob, schreibgestaut und rechercheunwillig und hätten mal wieder Ferien nötig? Eben: Ich bin dann mal weg. (Christoph Hugenschmidt)

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