Leider Nein (mit Kinder­soldaten)

21. August 2015 um 15:35
  • kolumne
  • leider nein
image

Und hier noch unsere Freitagabend-Nachricht.

Sind Sie auch total schockiert? Völlig empört? Aus den Socken gehauen? Ist ihr Weltbild ins Wanken geraten, haben Sie das Vertrauen endgültig verloren? 19! Neunzehn!
"Kindersoldaten" nennt man in der einen oder anderen Presseabteilung von Firmen und Behörden die meist jungen, oft als Praktikanten gar nicht oder unterbezahlten Journalistinnen oder Journalisten der Online-Medien, die - immer im Wettlauf mit der Konkurrenz - in hohem Tempo empörende Enthüllungen, erstaunliche Sensationen oder zumindest lustige Geschichten mit lustigen Titeln recherchieren, schreiben und der Welt auf den Bildschirm klatschen müssen. Die Kindersoldaten, stöhnen die Presseleute, rufen dauernd an, haben keine Ahnung, wollen sofort Antwort und bringen zum Schluss alles durcheinander. Und weil sie Tag und Nacht Angst haben, eine Story zu verpassen, lesen die Kindersoldaten laufend die Texte der anderen Kindersoldaten bei der Konkurrenz, rufen die gleichen Leuten an und buhlen mit einer noch etwas aufgebretzelteren Version der gleichen Story um den einen oder anderen Klick.
19! 19 der ungefähr 32 Millionen Mitglieder des Kennenlern-Netzwerks ("Seitensprung", Sex! Boooahh!) Ashley Madison haben eine E-Mail-Adresse von admin.ch, sind also beim Bund angestellt, hat eine Zürcher Sicherheitsfirma enthüllt, wie die Kindersoldaten von 'Watson' am Mittwoch enthüllten, dass es mehr Ashley-Madison-User im Kanton Zürich als in Appenzell Innerrhoden, mehr in Dübendorf als in Trubschachen gibt. Krass!
Doch vor lauter Stress haben die armen Kindersolden die wahre Story verpasst: Nur! Nur 19! Wie schnarchnasig, ängstlich, asexuell, un-innovativ,Testosteron- und Östrogen-arm müssen unsere Beamten sein, dass sich unter 36'000 Mitarbeitenden des Bundes nur gerade 19 finden, die auch mal etwas Neues wagen würden? Wir enthüllen: Während 3,892 Prozent der Top-Ingenieure im Silicon Valley sich bei Ashley Madison mindestens einmal umgeschaut haben, sind es beim Bund nur skandalöse 0,0527 Prozent! Kein Wunder klappen die Software-Projekte nicht. (Christoph Hugenschmidt)

Loading

Mehr zum Thema

image

Vogt am Freitag: Das bisschen Mauscheln, ist doch kein Problem

Statt Pressefreiheit ein Freipass für Kriminelle? Liebend gern, findet die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats.

publiziert am 1.12.2023 1
image

Vor 24 Jahren: Eine Domain wird für Millionen verkauft

1999 erzielte der Verkauf von Business.com einen Preis von 7,5 Millionen Dollar. Bis heute ist sie eine der teuersten Domains. Aber auch Apple musste für eine Domain tief in die Tasche greifen.

publiziert am 1.12.2023
image

Prantl behauptet: Die Konsolidierung konsolidiert

Kann es einem Entwicklungsleiter gelingen, zwei ERP-Systeme gleichzeitig zu verbessern, ohne eines zu vernachlässigen und keines durch das andere zu ersetzen? Kolumnist Urs Prantl ist sich nicht sicher.

publiziert am 27.11.2023 1
image

Vogt am Freitag: Altman und Nadella gewinnen beim Uno

Diese Woche war die halbe Welt unfreiwillig Zeuge einer sehr unwürdigen Partie Uno, die wahrscheinlich mit gezinkten Karten gespielt worden ist. Denn es war schon vorher klar, wer gewinnt.

publiziert am 24.11.2023 1