Nie mehr IT-Debakel beim Bund

27. März 2013 um 11:46
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Bundesrat verabschiedet Weisungen für ICT-Schlüsselprojekte. Externer Prüfprozess durch die Finanzkontrolle soll für bessere Überwachung sorgen.

Bundesrat verabschiedet Weisungen für ICT-Schlüsselprojekte. Externer Prüfprozess durch die Finanzkontrolle soll für bessere Überwachung sorgen.
Der Bund hat bisweilen Mühe, komplexe Informatik-Projekte durchzuführen. Das zeigte exemplarisch das bekannteste, letztlich gescheiterte Software-Projekt "Insieme" bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung: Es verschlang über 100 Millionen Franken.
"Systematische Prüfungen"
Der Bund hatte schon vor dem Stopp von "Insieme" im September 2012 für ICT-Schlüsselprojekte in der Bundesverwaltung verabschiedet und auf den 1. April in Kraft gesetzt.
Die wesentliche Neuerung im Vergleich zu früher ist, dass neu die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) bei wichtigen und komplexen ICT-Projekten "systematische Prüfungen" durchführt. Die Verantwortlichen sprechen von einem externen, unabhängigen Prüfprozess. Der verstärkte Prüfprozess soll die frühzeitige Erkennung von Problemen, Risiken und Abweichungen sowie eine verstärkte Kontrolle ermöglichen.
Berichte sind öffentlich
Die Verantwortung der EFK besteht darin, den Projektstand und die Risiken hinsichtlich ihrer Zielerreichung zu prüfen sowie die Umsetzung von Massnahmen zu beurteilen, die angeordnet wurden, um die Risiken zu mindern oder die Zielerreichung abzusichern. Die Verantwortung für ein solches Schüsselprojekt bleibt aber weiterhin bei den Auftraggebenden und der Projektführung wie auch bei der übergeordneten verantwortlichen Geschäftsleitung.
Die EFK soll für jede Prüfung einen Bericht erstellen. Der Bericht geht nicht nur an die Projektinstanzen, sondern auch an die Linienverantwortlichen, sprich an Untergeordnete, damit diese ihre Funktionen besser wahrnehmen können. EFK-Direktor Kurt Grüter sagt zu inside-it.ch, dass diese Berichte laut Gesetz nicht veröffentlicht werden müssen, aber können. Man habe die Frage intern noch nicht beantwortet. Auf jeden Fall kann aber die Veröffentlichung der Berichte künftig unter Berufung auf das Öffentlichkeitsgesetz verlangt werden.
10 bis 15 Projekte ab 30 Millionen
Diese Berichte fliessen dann in die periodischen ICT-Controllingberichte des Informatiksteuerungsorgans des Bundes (ISB). Wie ISB-Leiter Peter Fischer zu inside-it.ch sagt, wird der erste Controllingbericht im April erscheinen. Dieser geht an den Bundesrat, ist also nicht primär für die Öffentlichkeit bestimmt. "Es dürfte aber wie üblich eine Zusammenfassung für die parlamentarischen Kommissionen erstellt werden", so Fischer.
Doch welche ICT-Projekte werden genauer unter die Lupe genommen? Fischer geht davon aus, dass mittelfristig 10 bis 15 ICT-Projekte darunter fallen. In der Weisung heisst es, dass Projekte ab einem Gesamtaufwand von 30 Millionen Franken aufgenommen werden sollen. Das ISB kann weitere Projekte aufgrund ihrer strategischen Bedeutung oder der vorhandenen Risiken aufnehmen. In den nächsten Wochen soll eine erste Liste der ICT-Schlüsselprojekte erstellt werden. Welche Projekte tatsächlich Schlüsselprojekte sind, bestimmt der Bundesrat, wobei das ISB die Regierung dabei berät.
Die zusätzliche Kontrollinstanz dürfte zu Mehraufwand in den Projekten sorgen, doch Fischer glaubt, dass dieser im Verhältnis zum Gesamtaufwand gering ist, zumal viele Schritte bereits jetzt mit der Projektführungsmethode Hermes dokumentiert werden. Im April erscheint eine erneuerte Hermes-Version, die zusätzliche Erleichterungen bringen soll. (Maurizio Minetti)

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