

SAP will HR-Prozesse in der Cloud haben
10. Januar 2018 um 10:28
...die Anwender nicht.
Während SAP mit "HCM Bridge to the Cloud" HR-Kunden in die Cloud bringen möchte, feiert die SAP-Anwendergruppe das Fortbestehen einer entsprechenden On-Premise-Lösung.
Manchmal ist es schon erstaunlich, wie hart Realität und Unternehmensinteressen aufeinander treffen. Das zeigte sich in zwei fast parallel verschickten Mitteilungen. In der einen pusht SAP den Cloud-Umstieg im Personalwesen, in der anderen feiert die DSAG (Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe) das Fortbestehen einer entsprechenden On-Premise-Lösung bis zum Jahr 2030.
Aber vielleicht ist es ja auch kein Widerspruch, das eine zu wollen und das andere zu machen. Jedenfalls adressiert SAP mit dem nun vorgestellten Programm "HCM Bridge to the Cloud" Kunden, die ein klassisches SAP ERP Human Capital Management (HCM) im Einsatz haben und den Einstieg in die Cloud wagen möchten, so die Mitteilung. Die DSAG hingegen hat bei SAP erreicht, dass der Wirklichkeit zum Durchbruch verholfen wird. Denn dort hat man seine mehr als 3000 Mitglieder im Arbeitskreis Personalwesen befragt. Und von denen wollen nur rund sieben Prozent überhaupt eine reine Cloud-Lösung. 41 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihr künftiges Betriebsmodell ausschliesslich oder überwiegend On-Premise sehen, während 42 Prozent eine hybride Lösung bevorzugen, wie DSAG schreibt.
Für die DSAG ist es deshalb ein Erfolg, dass die bisherige SAP-ERP-Lösung, HCM für das Personalwesen, noch bis 2025 als On-Premise-Lösung verfügbar sein wird. Habe SAP doch zugesagt, es "wird eine neue On-Premise-Lösung für das Personalwesen geben, deren Wartung der Softwarehersteller bis 2030" sicherstelle, so die DSAG-Mitteilung.
Dort erklärt man übrigens auch, nicht überrascht zu sein von der "zögerlichen Haltung der Umfrageteilnehmer gegenüber der von SAP präferierten Cloud-Lösung". Denn mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Befragten halte die funktionalen Anforderungen des Personalwesens in den neuen Cloud-basierten Lösungen für noch nicht ausreichend erfüllt. Umso begrüssenswerter sei die von SAP jetzt angebotene Zwischenlösung, heisst es bei der Anwendervereinigung.
Das alles ändert offensichtlich nichts daran, dass man auf Konzernebene "die Umstellung auf cloudbasierte SAP-SuccessFactors-Lösungen" favorisiert. Jedenfalls werden neben "HCM Bridge to the Cloud" 2018 noch eine Reihe von weiteren, schon geplanten Cloud-basierten Angeboten fürs Personalwesen kommen, heisst es bei dem Software-Riesen. Und ja, die sollen gerade, so die Mitteilung, SAP-On-Premise-Kunden bei ihrem Umstieg in die Cloud unterstützen.
Dass als Argumentationshilfe dann auch die Digitalisierung benutzt wird, die "bewährte Geschäftsmodelle in Frage" stelle, verwundert sicher nicht. Will man SAP glauben, erzielen "Unternehmen, die sich mit dem Wandel auseinandersetzen, bessere Finanzergebnisse und haben engagiertere Mitarbeiter".
SuccessFactors noch nicht ausgereift?
Ganz anders sieht man das bei den Anwendern und nennt eine Reihe von Gründen, die gegen die Cloud-basierte SuccessFactors-Lösung sprechen. Etwa 26 Prozent der Befragten befürchten, durch den Rückgriff auf die Cloud-Lösungen die "Kontrolle über die Software zu verlieren – insbesondere über die individuellen Teile". Bei knapp 27 Prozent spiele auch die Unsicherheit bei der Einhaltung von Regulatorik, Compliance und Security eine signifikante Rolle, heisst es bei der DSAG weiter. Grosse Fragezeichen bestünden zudem bei folgenden Fragen: Wo liegen die Daten, wo gehen die Daten hin, wie gehen wir mit Verträgen um, wer zahlt, wenn das Rechenzentrum von SAP streikt und die Lösung nicht verfügbar ist?
Weitere Hindernisse auf dem Weg zur SuccessFactors-Lösung würden knapp 23 Prozent der Befragten auch beim Thema Lizenzen sehen. Zudem fehlten fast 21 Prozent Informationen hinsichtlich der Migration, zirka 13 Prozent der Befragten kritisierten zudem den fehlenden Einfluss auf Verfügbarkeit und Support der neuen Lösung. Und etwa 20 Prozent halten die Integrationsfähigkeit in andere Software-Module für nicht ausreichend.
Zudem würde eine Umstellung auf SuccessFactors den Einsatz von Schnittstellen in die ERP-Lösung notwendig machen, was dem bisherigen Integrationsansatz von SAP widerspreche. "Als Anwender-Gemeinschaft vermissen wir diesen in der Zukunftsstrategie von SAP", so die DSAG. Es sei deshalb gut, dass man mit der verlängerten On-Premise-Lösung mehr Zeit zur Klärung all dieser als problematisch eingeschätzten Bereiche bekomme. (vri)
Hinweis: Am 20./21. Februar 2018 finden die DSAG-Technologietage 2018 in Stuttgart statt. inside-it.ch ist Medienpartner.
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