

SIX Global IT im Jahr eins
26. September 2014 um 10:31Seit April ist die Informatik beim Bankendienstleister SIX aufgewertet und in der eigenständigen Division Global IT mit rund 800 Mitarbeitenden organisiert. Global-IT-Chef Robert Bornträger über das "Durchsetzen von Standards und das Streben nach Innovation".
Seit April ist die Informatik beim Bankendienstleister SIX aufgewertet und in der eigenständigen Division Global IT mit rund 800 Mitarbeitenden organisiert. Global-IT-Chef Robert Bornträger über das "Durchsetzen von Standards und das Streben nach Innovation".
Robert Bornträger (Foto) hat zur Zeit wohl einen der interessantesten aber auch anspruchvollsten IT-Jobs in der Schweiz. Er ist CEO der frischgebackenen Divison Global IT von SIX mit immerhin ungefähr 800 Mitarbeitenden. Seit Anfang April ist die Divison, die aus den ehemaligen IT- und Entwicklungs-Abteilungen der vier Geschäftsbereiche des grossen Banken- und Börsendienstleisters gebaut worden ist, operativ.
Grosse Umstrukturierungen sind gefährlich und die Folgen sind nicht selten der Exodus von Spitzenleuten, Dienst nach Vorschrift und Leaks nach aussen. Doch niemand rief uns an und selbst die langen Ohren unserer Kollegen von Inside Paradeplatz schnappten keine Nebengeräusche auf. Bornträger führt dies auf die kollaborativen Methoden bei den Vorarbeiten zum Launch von Global IT zurück. "Beim Start gab es keine grossen Diskussionen mehr", so Bornträger im Gespräch mit inside-it.ch. Er ist stolz darauf, dass die Fluktuationsrate einiges unter 10 Prozent geblieben ist.
"Auch ich selbst musste mich weiterentwickeln. Denn in der Firma hatte ich den Ruf des Betreibers, der nur auf die Kosten schaut. Viele waren dann überrascht, dass ich mich mit Themen wie agile Methoden und Scrum befasse." Der Manager betont, dass die Zusammenfassung der SIX-Informatik in einer Divison kein Rationalisierungs- und kein Stellenabbau-Projekt sei. "Wir haben von Anfang an gesagt: "Für jeden IT-Mitarbeiter gibt es bei Global IT eine Stelle. Und für 2015 sind keine Abbaumassnahmen geplant," so Bornträger. Den Sparer kann er aber nicht verstecken: "Wir sind immer unter Kostenzwang und müssen gegenüber den Marktdivisionen von SIX günstiger produzieren." Auch streitet er nicht ab, dass die Gründung von SIX Global IT nicht allen Informatik-Kadern gepasst hat: "Einige Führungsleute sind gegangen. Doch es waren nicht viel mehr als eine Handvoll "
"Standards konsequent durchsetzen"
Dann zeichnet Bornträger ein Schema auf ein Blatt Papier, das jeder kennt, der sich mit Business-Informatik befasst. Es geht um das Verhältnis des Aufwandes für Betrieb (aktuell ca. 50 Prozent), Unterhalt (ca. 20 Prozent) und Entwicklung und Innovation (ca. 30 Prozent). Wie alle CIOs will auch Bornträger den Anteil der Investitionen für Innovationen erhöhen und denjenigen für Betrieb und Unterhalt verkleinern. "Wir wollen mehr Ressourcen für Innovation einsetzen. Dies betrifft auch die Zusammenarbeit mit externen Partnern, auch Near- und Offshore."
Um den Aufwand für Betrieb und Unterhalt der Informatik-Plattformen von SIX zu verkleinern, wird wo immer möglich standardisiert und automatisiert. Es gibt gemäss Bornträger kein einzelnes Rezept und kein Wundermittel für die Automatisierung: "Man muss einfach immer mit Nachdruck daran arbeiten - und man muss Standards knallhart durchsetzen. So setzen wir zu über 90 Prozent Linux als Server-Betriebssystem ein und halten uns strikte an unsere Strandards bei Datenbanken, Middleware, Storage. Neue Software wird auf einem Standard wie Java und mit agilen Methoden entwickelt." Für Entwickler, die sich als kreative Individualisten verstünden, sei es nicht einfach, strikte Standards zu akzeptieren, sagt Bornträger.
Fachkräftemangel und "Generationenkonflikt"
Doch ist der typische Mitarbeiter von SIX Global IT überhaupt kreativ? Bornträger will von unseren Vorurteilen über Banken-Informatiker nichts wissen: "Ich bin überzeugt, das sie keine IT-Leute finden, die mehr von unserem Business und von Informatik verstehen. Aber bei gewissen Technologien haben wir Lücken und bei grossen Projekten könnten die Ressourcen knapp werden. In solchen Fällen möchten wir langfristig mit Partnern zusammenarbeiten."
Es sei zur Zeit schwierig, SAP-Spezialisten zu finden, doch konstantiere er für seine Firma keinen generellen Fachkräftemangel, antwortet Bornträger auf unsere Frage, ob SIX die nötigen Informatiker rekrutieren könne. "Wir finden unsere Leute." Ausserdem bildet der Bankendienstleister momentan über 30 Informatik-Lehrlinge aus. Bornträger will diese Zahl noch steigern: "Unser Ziel ist es, 50 Informatik-Lehrlinge auszubilden. Es ist eine gute Ausbildung und die Weiterbildungsmöglichkeiten in den Fachhochschulen sind sensationell."
Das Durchschnittsalter der InformatikerInnen bei SIX Global IT liegt aber bei über 40 Jahren. Während viele Fachleute über 45 prozentual eine tiefere Informatik-Grundausbildung haben, sondern "angelernt" sind, besitzen junge InformatikerInnen einen Master-Titel oder ein Diplom und damit oft ein breiteres Fachwissen als ihre Vorgesetzten. Dies kann innerhalb der Organisation zu einer Art Generationenkonflikt führen, erzählt Bornträger.
Mobile Payment, Minituarisierung, neue Materialien, ...
Mit was beschäftigt sich der CEO von SIX Global IT, wenn es um Innovation geht? Bornträger ist mit Antworten rasch zur Hand. Naheliegend ist das Thema "Mobile Payment". Bornträger: "Kreditkarten-Informationen auf einem Smartphone abzulegen ist per se noch nicht sehr innovativ. Interessanter wird es, wenn man virtuelle, im Internet abgelegte Geldbörsen verwenden kann. Alternative Zahlungsmöglichkeiten, P2P-Wallets bis hin zu alternativem Geld wie Bitcoin sind innovativ."
Die SIX dürfte einer der grössten "IT-Konsumenten" in der Schweiz sein. So beschäftigt sich Bornträger mit der Miniturisierung in der Informatik. Neue Technologien und neue Solutions wie etwa Computer-Grids werden flexiblere Lösungen und grosse Serverfarmen überflüssig machen. "Das Backend wird revolutioniert", ist Bornträger überzeugt. Dies könnten sich mit dem Einsatz von neuen Materialien noch verstärken. Zum Beispiel mit Graphen. Damit wird man unter anderem mehr Logik auf Chips packen können, die damit wesentlich effizienter werden. "In die Entwicklung dieser neuen Materialien muss die Schweiz investieren," ist Bornträger überzeugt.
"Graphen", "Bitcoin", "P2P-Wallets", "Miniturisierung": Kostenreduktion und Standards scheinen definitiv nicht die einzigen Themen zu sein, die den CEO der Informatik-Division von SIX beschäftigen. (Christoph Hugenschmidt)
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