St. Gallen debattiert Grundlagen für Predictive Policing

22. Januar 2019 um 15:25
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Der Kanton St. Gallen muss sich mit dem Datenschutzgesetz beschäftigen und auch das Thema Predictive Policing steht auf der Agenda. Auslöser sind Neuerungen bei der EU. Weil es um Schengen-Recht geht, ist die Schweiz verpflichtet, die Änderungen zu übernehmen.

Dies gilt für den Bund sowie auch die Kantone. Zum Thema Predictive Policing in St. Gallen hat die vorberatende Kommission eine Motion eingereicht.
Es geht darum gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um Softwareprogramme einzusetzen, die kriminelle Risiken im Vorfeld strafbarer Handlungen identifizieren sollen. Dazu werden in der Regel grosse Datenmengen durchsucht oder auf der Grundlage bereits gesammelter Daten Prognosen gestellt, wie es in der Motion "Nachtrag zum Datenschutzgesetz" heisst.
Wenn neue Methoden es erlauben, der Kriminalität wirksamer entgegenzutreten, spreche nichts gegen den Einsatz solcher Programme, aber es sei auch Vorsicht geboten, insbesondere wenn es um sensible Personendaten geht, so der Motionstext weiter. Predictive Policing – auch Pre-Crime genannt – komme aber zu einem Zeitpunkt zum Einsatz, in dem noch keine Straftat geschehen ist und deshalb die Unschuldsvermutung zu gelten habe.
Wirkung ist umstritten
Es gelte, die Bürger vor potenziell ungerechtfertigten Eingriffen in ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen. "Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gilt es angemessen zu wahren", so die Motion.
Erschwerend komme hinzu, dass die existierenden Programme wissenschaftlich äusserst umstritten und grösstenteils noch nicht ausreichend evaluiert seien. Es sei derzeit noch völlig unklar, ob und wie sie überhaupt wirken.
Aufgrund ihrer inhärenten Feedback-Schlaufen können die Programme ausserdem diskriminierend wirken. Ein Blick in andere Länder zeige zudem, dass derartige "Bewertungs- und Risikoprogramme" auch absurde Ausmasse annehmen könnten. Das Ergebnis könne intransparent sein. Es sei oftmals nicht mehr nachvollziehbar, weshalb das Programm zu dieser oder jener Einschätzung gekommen sei.
Der Kanton St. Gallen soll in der Polizeiarbeit modern und gut ausgerüstet agieren können, schreibt die vorberatende Kommission weiter. Es spreche nichts dagegen, dass auch Predictive Policing-Ansätze und -Programme zum Einsatz kommen sollen. Ein solcher Einsatz soll jedoch vorsichtig, reflektiert und auf einer soliden rechtlichen Grundlage geschehen.
Die Regierung soll deshalb rechtliche Grundlagen schaffen, um der systematischen und automatisierten Bearbeitung von Personendaten und dem Profiling zum Zweck der Prävention klare Rahmenbedingungen vorzugeben. Insbesondere will die Kommission festgehalten haben, dass die automatisierte vorhersagende Polizeiarbeit und der Einsatz entsprechender technischer Programme einer Beurteilung bedürfen.
Der Kantonsrat berät die Vorlage in der kommenden Februarsession in erster Lesung und voraussichtlich in der Aprilsession 2019 in zweiter Lesung. (kjo)

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