

Swisscom erobert Liechtenstein
11. September 2012 um 08:36
Swisscom will drei Viertel von Telecom Liechtenstein übernehmen.
Swisscom will drei Viertel von Telecom Liechtenstein übernehmen.
Wieso auch in die Ferne schweifen, wenn das Glück auch nahe, sozusagen im eigenen Vorgärtchen liegen könnte? Nachdem frühere, ambitiösere Expansionsversuche im europäischeren Ausland regelmässig wenig Erfolg bis grosse Verluste einbrachten, möchte Swisscom nun beim "naheliegendsten" ausländischen Telco überhaupt einsteigen: Bei Telecom Liechtenstein. Swisscom möchte drei Viertel der Anteile des Telcos im "Ländle" übernehmen. Der Kaufpreis wurde noch nicht genannt.
Swisscom und das Fürstentum Liechtenstein sind sich im Prinzip handelseinig und haben eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Allerdings sind dafür gesetzliche Änderungen in Liechtenstein notwendig, welche das dortige Parlament Ende Jahr genehmigen muss. Falls dies geschieht, und sich die Partner auch bei den Vertragsdetails einigen können, soll der Handel gegen Ende Jahr über die Bühne gehen.
Laut der Absichtserklärung soll Swisscom den Betrieb der Infratruktur in Liechtenstein, der heute noch bei den Liechtensteinischen Kraftwerken angesiedelt ist, übernehmen. Die Kabelnetzaktivitäten von Telecom Liechtenstein und die Schweizer Tochter Deep sind dagegen vom Handel nicht betroffen.
Telecom Liechtenstein macht Verluste
Die Liechtensteinische Regierung ist zum Schluss gekommen, dass Telecom Liechtenstein zu klein ist, um noch rentabel zu arbeiten. Der Telco mit Sitz in Vaduz beschäftigt derzeit gemäss dem Regierungsbericht rund 100 Mitarbeitende und erwirtschaftete im Jahr 2011 mit rund 18600 Kunden einen Umsatz von 54,1 Millionen Franken und machte 1,8 Millionen Franken Verlust. Bereits 2010 betrug der Verlust 2,0 Millionen Franken. Vor allem der Bereich Festnetz-Telefonie befinde sich in einem schwierigen Marktumfeld. Abklärungen der Regierung und der Telecom Liechtenstein würden davon ausgehen, dass der Umsatz in diesem Bereich jährlich um etwa 10 Prozent sinken und im Jahr 2020 nur mehr noch wenige Millionen Franken betragen werde.
Der Verkauf der Mehrheit an Swisscom soll nun sicher stellen, dass die Kunden in Liechtestein "auch in Zukunft von einer modernen Telekom-Infrastruktur, attraktiven Telekommunikationsangeboten und einer guten Grundversorgung" würden profitieren können.
Swisscom selbst möchte durch die Übernahme zusätzlche Kunden gewinnen. Auch der Bundesrat hat laut Swisscom nichts dagegen: Er sehe "das Vorhaben in Einklang mit den strategischen Zielen des Bundes für Swisscom."
Stellenabbau
Die Übernahme wird zu einem Stellenabbau bei Telecom Liechtenstein führen. Das heutige Unternehmen soll zwar als Swisscom (Fürstentum Liechtenstein) AG weiter existieren und für alle lokalen Aufgaben, "welche den Bezug zum Markt Liechtenstein sicherstellen", zuständig sein, dürfte aber nach der Mitteilung der Liechtensteinischen Regierung nur noch etwa 35 bis 40 Mitarbeitende beschäftigen. Weitere 10 bis 15 Leute sollen zu Swisscom wechseln. Insgesamt dürften im Zusammenhang mit dem Verkauf somit in den nächsten zwei Jahren etwa 50 Stellen bei Telecom Liechtenstein und etwa 10 Stellen bei den Liechtensteinischen Kraftwerken abgebaut werden, erklärt die Regierung. Der Personalabbau werde aber von einem Sozialplan abgefedert.
Swisscom hat bereits eine Mobilfunkkonzession in Liechtenstein, die dortigen Festnetzaktivitäten hatte Swisscom jedoch 2003 an Liechtenstein abgestossen.
Viele Flops im Ausland
Mit ihren Auslandsbeteiligungen hatten die Swisscom und ihre Vorgängerin, die PTT, in der Vergangenheit wenig Glück und handelten sich vor allem eines ein: Milliardenverluste. Das noch von der PTT mit Telia und KPN aufgegleiste Join Venture Unisource wurde beispielsweise 2004 nach 400 Millionen Franken Abschreibungen eingestellt. Ebenfalls noch vor der PTT übernommene Beteiligungen an Telcos in Tschechien, Indien und Malaysia mussten mit zusammengenommen rund 750 Millionen Franken Verlust abgestossen werden. Der bisher grösste Flop war die Übernahme des deutschen Mobilfunkers Debitel, der 2004 mit 3,3 Milliarden Franken Verlust verkauft wurde. Aber auch seit der Bundesrat der Swisscom Ende 2005 grössere, risikoreiche Beteiligungen an Grundversorgern im Ausland verboten hatte ein. (Hans Jörg Maron)
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