Switchplus befeuert mit erstem E-Mail-Angebot den andauernden Streit.
Zahlreiche Schweizer Hosting-Provider vertreten durch zehn namhafte Anbieter wehren sich seit rund einem Jahr gegen den Eintritt von der Stiftung Switch in den Hosting-Markt. Kaum hat das Handelsgericht des Kantons Zürich nun die superprovisorische Massnahme vom vergangenen Herbst
aufgehoben, bringt die Hosting-Tochter der Stiftung, Switchplus, einen ersten Service auf den Markt.
Ab sofort kann über das Angebot "Mail Hosting" eine E-Mail-Adresse mit eigenem Domain-Namen bezogen werden, heisst es in einer Mitteilung. Laut Switchplus-Chef Wolfram Schmidt adressiere man damit besonders diejenigen KMU, die zwar eine eigene Webseite unterhalten, ihre E-Mails aber noch ohne den eigenen Domain-Namen verschicken. Zudem wolle man die User gewinnen, die ihre E-Mails noch über Gratisanbieter verschicken und damit riskieren, ihre Adresse zu verlieren, wenn der Anbieter den Namen wechselt. Schmidt verwies auf entsprechende Services von Sunrise, wo dies bereits der Fall gewesen sei. Gegenüber inside-channels.ch gestand Schmidt durchaus ein, dass man hier ein Allerweltsangebot liefert, doch könne man das billiger als die Konkurrenz, wie Schmidt betonte.
"Eine Dummheit"
Für Ramon Amat, CEO von Cyberlink, ist es durchaus kein Problem, dass Switchplus als Firma ein solches Angebot lanciert: "Verwerflich ist, dass dies auf der Switch.ch-Webseite erfolgt, einer halbstaatlichen Institution, die bisher die Domains für .ch und .li verwaltet", schiebt Amat aber gegenüber inside-channels.ch nach und verweist damit auf den nach wie vor strittigen Punkt. Denn Provider wie Cyberlink hatten sich vor Gericht dagegen gewehrt, dass einzig die Hosting-Tochter der Stiftung Switch auf der Switch-Homepage als Wholesale-Partner aufgeführt wird. Auch der Switchplus-Chef bedauert, dass sein Mutterhaus diesen Streit vor Gericht austrägt, sei man doch schon lange vor der Eskalation in guten Gespräche mit den übrigen Hostern gewesen. Der Rechtsstreit sei "eine Dummheit", sagt Schmidt.
Dem neuen Angebot kann Amat denn auch keinen innovativen Charakter abgewinnen, "ausser, dass es billig ist und vom Ausland her betrieben wird", wie er sagt. Wichtiger ist ihm die Tatsache, dass Switchplus im Schlepptau seiner bekannten Mutter Marktvorteile ausnutzt: "Switchplus nutzt den Bekanntheitsgrad von Switch.ch und wird dort bevorzugt behandelt." Dennoch kann auch Amat nichts gegen dieses neue Angebot machen. Er fordert, dass endlich die Wettbewerbskommission (Weko) aktiv wird: "Als Unternehmer mit beiden Beinen in der Marktwirtschaft finde ich es verwerflich, dass halbstaatliche Firmen meinen, Sie müssen für Wettbewerb sorgen", kritisiert er die jetzt entstandene Situation.
Während Switchplus-Chef Schmidt hervorhebt, dass der Streit zwischen den Hosting-Providern und seinem Mutterhaus Switch entstanden sei und er nicht involviert sei, fragt der Cyberlink-Chef, "was Switchplus ohne das Mutterhaus Switch ist", und gibt die Antwort gleich selbst: "gar nichts". Für Amat ist denn auch klar, dass die Spitze von Switch auf Switchplus setzt, "weil Switch nur noch bis 2015 die Domains .li und .ch verwalten wird". Danach sähe es "sehr düster für Switch.ch aus", schiebt er nach: "Als halbstaatliche Firma müssten sie sich neue Geschäftsfelder suchen oder redimensionieren".
Einer aussergerichtlichen Einigung, wie sie sich auch Switchplus-Chef Schmidt wünscht, sieht Amat pessimistisch entgegen: Versucht habe man vieles, doch Switch käme den Forderungen der Provider keinen Zentimeter entgegen: "Wie soll man sich da einigen?", fragt Amat. (Volker Richert)