Die weltweit grösste IT-Firma will sich neu erfinden, "erwägt", aus dem PC-Business auszusteigen und übernimmt den britischen Software-Hersteller Autonomy für 10 Milliarden Dollar.
Anlässlich der Präsentation der Zahlen des letzten Geschäftsquartals liess HP-Chef Léo Apotheker (Foto) gestern Abend die Bombe platzen: Der weltweit grösste Computer-Hersteller soll radikal umgebaut werden und studiere "strategische Optionen" für die Personal Systems Group. Zu den Optionen gehören gemäss HP der Spinoff des Geschäfts oder eine "andere Transaktion", also der Verkauf.
Gleichzeitig kündete Hewlett-Packard den Kauf des britischen Software-Hersteller Autonomy für über 10 Milliarden Dollar an. Autonomy kennt man als Hersteller von Lösungen für Content-Management, positioniert sich selbst aber als Spezialist für die Analyse und Verwaltung jeglicher unstrukturierter Daten und hat beispielsweise auch Produkte für Records Management. Mit Autonomy klettert HP in der Software-Wertschöpfungskette nach oben - in Richtung Business-Applikationen, wo am meisten Geld zu verdienen ist.
Als dritten radikalen Schritt hat HP gestern verkündet, die Produktion des bisher erfolglosen Tablet-PCs 'TouchPad' per sofort einzustellen und sich auch aus dem Business mit Smartphones zurückzuziehen.
Mehr Marge!
Verkauft HP die Personal Systems Group, so schneidet sich der Konzern etwa ein Drittel seines Umsatzes aus dem Leib. Im Geschäftsjahr 2009/2010 setzte HP total 126 Milliarden Dollar um, wovon ein knappes Drittel, nämlich 40 Milliarden auf das PC-Geschäft entfiel. Doch die Marge ist trotz den unerbittlichen Sparmassnahmen unter Ex-CEO Mark Hurd - verglichen zum Software-Geschäft - gering.
So blieben in den ersten neuen Monaten des Geschäftsjahres vom riesigen Umsatz von knapp 30 Milliarden Dollar nur 1,7 Milliarden als operativer Gewinn hängen. Das Geschäft mit Grossfirmen (Server, Service) aber auch mit Druckern, wo HP eigene Technologien hat, ist viel profitabler.
Wenn HP im Consumer-Geschäft erfolgreich sein wolle, müsse man sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen, das man in anderen Geschäftsfeldern besser investieren könne, sagte Apotheker bei der Ankündigung des Totalumbaus der Firma.
HPs PC-Business bekam im letzten Quartal die schlechte Consumer-Nachfrage und den Aufschwung von Apple heftig zu spüren. Der Umsatz des PC-Business war im letzten Quartal praktisch stabil im Vergleich zu 2010. Aber das Consumer-Geschäft ist um 17 Prozent eingebrochen, während das Business mit Firmen zugelegt hat.
Kehrtwende
Hewlett-Packard will sich mit dem Verkauf oder Spinoff der PSG Zeit lassen: der Prozess könnte 12 bis 18 Monaten dauern, heisst es.
Der angekündigte Totalumbau kommt nicht wirklich überraschend, spekuliert man doch seit Jahren, ob HPs Festhalten am PC-Geschäft den Aktionären diene oder ob sich HP doch eher
an IBM oder Oracle orientieren sollte.
Er stellt aber der Strategie der HP-Führung kein gutes Zeugnis aus. Denn noch vor wenigen Monaten betonte Apotheker immer wieder, man werde am PC-Business und am Geschäft mit Konsumenten festhalten, sehe das Wachstum aber im Software- und Firmen-Business.
Nun aber hat sich offenbar herausgestellt, dass HPs PC-Geschäft zu wenig Geld produziert, um das von Apotheker gewünschte Tempo bei den Übernahmen im Software-Business zu finanzieren. (Christoph Hugenschmidt)
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