Turi Mast: Liebesleben und IT-Governance

30. Januar 2014 um 16:04
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Folge 16 (von 52) des weltweit ersten Fortsetzungsromans aus der unterschätzten Welt des Schweizer E-Governments.

Was bisher geschah: Turi Mast ist externer Projektleiter des E-Gov-Projekts "welcome_Citizen". Das Projekt war so schlecht gemanaged, dass ein Betrugsfall lange unentdeckt blieb. Bringt Turi Liebesleben und die IT-Governance auf die Reihe?
Turi ist verliebt. Immer öfter übernachtet er bei Sybille und wenn er immer kann, lädt er sie im aufkommenden Frühsommer zu einem guten Nachtessen in ein Restaurant mit schöner Gartenterrasse ein. Und dann wünscht er sich ein Essen mit Kerzenlicht.
Christine und Turi haben sich nach diversen Diskussionen im Einvernehmen getrennt. Mast sieht immer klarer, dass seine Zukunft – ohne Reue – Sybille gehört. Gelegentliche Zweifel bezüglich des Vorlebens von Sybille wischt Turi immer wieder energisch beiseite.
Turi hatte sich von Christine entfremdet. Er hatte zuviel gearbeitet und war zu selten Zuhause gewesen. Jetzt nach nach der Trennung sieht er seine Kinder immer seltener. Turi leidet darunter, doch der Schmerz nahm in den letzten Wochen ab. Natürlich zahlt Turi Alimente und wird sich deshalb künftig wohl nur noch eine Einzimmerwohnung leisten können. Umso lieber schlüpft er in Sybilles grösserer Wohnung unter.
Auch Sybille ist verknallt und so nimmt sie Turis gestelztes Dozieren gelassen hin: "Worin wir noch etwas Übung finden müssen, ist, dass wir im privaten Leben nicht über das Geschäft reden. Ebenfalls ist es mir aus Sicht von Lessons Learned ein Anliegen, dass ich versuchen möchte, weniger zu arbeiten, der Work Life Balance mehr Gewicht in meinem Leben zu geben und mehr Zeit mit dir zu verbringen."
Auch im Projekt welcome_Citizen, das zu einem umfangreichen Programm geworden ist, nimmt Sybille "im Dispositiv" von Turi eine immer bedeutendere Rolle ein. Sie ist nun faktisch stellvertretende Programmleiterin und Controllerin des Programms welcome_Citizen, macht aber auch immer mehr Stakeholder-Management und leitete mit Umsicht die Programm- und Projekt-Kommunikation und das Programmmarketing.
Doch mit dem Betrugsfall ist der inhaltliche Fokus des Programms und der Subprojekte immer mehr in den Hintergrund geraten. Turi will das Steuer herumreissen und bereitet einen grösseren Workshop vor, in dem die Profile des Programms und der Unter-Projekte geschärft werden sollen.
Und dann ist der Workshop Realität. Zur Einleitung zählt Turi die Projekte von welcome_Citizen auf, die nun im Fokus stehen und führt die jeweiligen Projektleiter auf: 1: Gesetzliche Anpassungen auf den verschiedenen föderalen Stufen; 2: Organisatorische Anpassungen auf den verschiedenen föderalen Stufen; 3: Projekt Portale; 4: Projekt Identitätsmanagement; 5: Projekt BürgerInnen-Prozesse; 6: Projekt Verwaltungsprozesse; 7: Projekt verwaltungsübergreifende Unternehmensarchitektur; 8. Projekt Programmleitung sowie last but not least weitere.
Mast: "Holliger führt Projekt 1. Läufer führt Projekt 2. Berger Projekt 3. Müller Projekt 4. Basler und Meier führen Projekte 5 und 6. Hofmeister leitet Projekt 7. Ich führe Projekt 7 und 8. Hofmann führt die übrigen Kleinprojekte, die zum Programm welcome_Citizen gehören."
Dann kommt Turi auf einen der zentralen Punkte im Programm welcome_Citizen zu sprechen: "In vielen Diskussionen mit den Programm-Stakeholdern haben wir das Problem der Zuständigkeit gelöst. Ausgehend von einer zunehmend mobil kommunizierenden Bevölkerung ist es obsolet, von Zuständigkeiten zu reden, wenn es um die Kommunikation mit der Verwaltung geht. Daher ist es zwingend, dass Informations-, Beratungs- und Nachbereitungsprozesse standardisiert werden, um so ein so nutzerfreundliches Profil wie möglich zu erhalten. Die Konzeption in den verschiedenen Projekten schreitet voran. Um die Ressourcenknappheit zu berücksichtigen, werden wir die Projekte zusätzlich priorisieren, ungefähr in der oben aufgeführten Reihenfolge, mit Ausnahme des Projekts 8, das ebenfalls eine hohe Priorität geniesst. Denn dort strukturieren, führen, steuern und überwachen wir das Portfolio aus Programmsicht."
Holliger und Läufer, die versucht hatten, mit falschen Abrechnungen den Umsatz ihrer Firma aufzupolstern (siehe Folge 13) werden nun vom Programmleiter (Turi) und der Geschäftsleitung des Departements stärker an die Leine genommen. Sie werden sich kein Fehlverhalten mehr leisten können, wie dies vor der "Katastrophe" üblich gewesen war.
Turi ist zuversichtlich, dass nun aus Führungssicht im IT-Bereich eine allgemeine Genesung des über lange Jahre kranken Patienten eintritt.
Turi ist ganz zufrieden mit sich und der Welt.
(Autor Franz Ochsenbein war lange Jahre Chef-Controller für IT-Projekte bei der Generalitat de Catalunya. Er lebt heute zurückgezogen als Hobbyfischer in Malgrat de Mar und schreibt nebenbei Kioskromane.)
Für alle, die nachträglich in die Lektüre einsteigen wollen, führen wir hier die Links zu den bisher publizierten Folgen auf:
Folge 1: Workshopitis
In einem Workshop zum Projekt welcome_Citizen wird rasch klar, dass es schief läuft. Kann Projektleiter Turi Mast das Sozialleben der Projekt-Mitarbeiter retten?
Folge 2: Der Bericht zum Abschluss (des Vorprojekts)
Während Mast noch am Abschlussbericht des Vorprojekts arbeitet, lässt Projektassistentin Sybille die Bombe platzen. Ein Controller hat massive Kostenüberschreitungen entdeckt. Betrug?
Folge 3: Belege, Belege, Belege
Generalsekretär Matter macht Druck auf Mast. Dieser entdeckt tatsächlich Unregelmässigkeiten und braucht nun mehr Zeit für den Projektabschlussbericht.
Folge 4: Die Mail
Turi Mast muss Generalsekräter Matter von den Unregelmässigkeiten berichten - aber so, dass es nicht allzu schlimm klingt. Eine Gratwanderung.
Turi ist ausgebrannt, da kommt ein Wochenende ohne Frau und Kind gerade recht. Was bahnt sich da mit Projektassistentin Sybille an?
Folge 6: Sitzen, sitzen, sitzen.
Turis Schifflein welcome_Citizen droht an der Klippe Spirig zu zerschellen. Berger geht in die Knie, Turi muss eingreifen.
Folge 7: Idioten und Befehlsverweigerer
Die Krise im Projekt welcome_Citizen spitzt sich zu. Kritiker Spirig und Konsorten treiben nun auch Turi in die Enge.
Folge 8: Liebes-Ritt auf dem Nerval
Auch das noch! Mitten in der bisher schwierigsten Phase des Projekts welcome_Citizen geht Turi mit Projektassistentin Sybille wandern. Wenn's nur das wäre...
Folge 9: Make it or break it
Welcome_citizen droht endgültig zu scheitern. An endlosen Sitzungen tauchen immer mehr Probleme auf und der Widerstand wird stark und stärker. Da hat Mast eine geniale Idee. Und kommt damit durch.
Folge 10: Troubles, mehr Troubles
Welcome_citizen wird in viele Teilprojekte aufgespalten, Turis Bonus ist gerettet. Doch nun droht Ungemach von einer anderen Seite. Die Sache mit den falschen Abrechnungen im Vorprojekt holt Turi wieder ein.
Folge 11: Ausmisten
Turi, der Controller und Sybille müssen bei Generalsekretär Matter antanzen. Nun zeigt sich, warum aus Matter ein Top-Beamter geworden ist.
Folge 12: Krieg an allen Fronten
Turis Frau Christine hat Lunte gerochen und stellt ihren untreuen Ehemann zur Rede. Das kann nicht gut gehen.
Folge 13: Die Falle schnappt zu
Turi und die hohen Tiere des Departements knöpfen sich die Übeltäter vor, die im Vorprojekt mit falschen Abrechnungen agiert haben.
Folge 14: Pitstop im Frohsinn
Nach der harten Sitzung mit den Übeltätern aus dem Vorprojekt erholen sich Sybille und Turi im Frohsinn. Wird ihre Beziehung weitergehen?
Folge 15: Das Audit
Das Projekt welcome_Citizen wird einem erbarmungslosen Audit unterzogen. Turi (und die Leser) lernen viel.

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