Verwendet der Bund nicht bezahlte Unisys-Software?

15. September 2008 um 14:26
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Neue Einzelheiten im "Insieme"-Streit: Unisys verlangt 18 Millionen Franken für getätigte Arbeiten.

Neue Einzelheiten im "Insieme"-Streit: Unisys verlangt 18 Millionen Franken für getätigte Arbeiten.
Die 'SonntagsZeitung' berichtete gestern, dass der Bund Softwarekomponenten des IT-Dienstleisters Unisys verwende - aber nicht bezahlt habe. Es geht dabei um das IT-Projekt "Insieme" bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung: Der Bund hatte dieses Projekt am 8. April 2005 öffentlich ausgeschrieben und fast ein Jahr später, am 20. März 2006. Unter anderem lautete die Begründung laut 'SonntagsZeitung': "Bis die zu verwendenden Software-Komponenten zum Einsatz gelangen würden, wären sie bereits veraltet." Die beiden Parteien streiten seitdem vor Gericht.
Nach der Widerrufung des Zuschlags legte Unisys Beschwerde ein dem Verfahren die aufschiebende Wirkung entzogen. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde gegen diesen Zwischenentscheid mit Urteil vom 29. April abgewiesen.
Laut 'SonntagsZeitung' belegen nun nicht näher definierte "Dokumente", dass die Bundesbehörden die Unisys-Arbeiten weiterhin verwenden. In einem "Arbeitspapier Projekt Insieme" vom 21. Juli 2008 verweise das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT (das wie auch das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL am Projekt beteiligt war) auf ein Dutzend elektronischer Unisys-Dokumente. In einer "anderen Unterlage" stehe im Hinblick auf eine zweistündige Sitzung am 4. September 2008: "Ideal ist, wenn du die Unisys-Konzepte noch lesen könntest, damit wir nicht etwas zweimal erfinden."
18 Millionen Franken wofür?
Aufgrund dieser Informations-Schnipsel kommt die 'SonntagsZeitung' zum Schluss, dass die Projektgruppe "offensichtlich von der Unisys-Arbeit profitiert". Trotzdem habe Unisys bis heute vom Bund keinen Rappen erhalten. Der IT-Dienstleister verlangt rund 18 Millionen Franken für getätigte Arbeiten. Bei Unisys konnte heute leider niemand darüber Auskunft geben, was für Arbeiten genau getätigt worden waren.
Der Bund hat derweil das Projekt immer noch nicht neu ausgeschrieben. Laut eigenen Angaben entgehen dem Bund aufgrund der Verzögerungen bis 2009 rund 150 Millionen Franken, später sogar 200 Millionen Franken pro Jahr.
Gegenüber inside-it.ch liess das BBL lediglich verlauten, dass der Bund aufgrund des oben erwähnten Zwischenentscheids in seiner Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt sei. Da das Verfahren beim BVGer noch hängig sei, könne zum heutigen Zeitpunkt keine weitere Auskunft erteilt werden.
Letztlich dürfte der Bund durchaus bereit sein, für Software, die verwendet wird, zu zahlen. Die beiden Parteien scheinen sich "lediglich" nicht über den Wert der geleisteten Arbeit einig zu sein. (Maurizio Minetti)

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