Wegen Ransomware: Schweizer Gemeindeverwaltung kann nicht zügeln

5. November 2020 um 12:24
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Eine Cyberattacke in den USA zieht weite Kreise: Den Gemeindeangestellten in Birsfelden fehlen nun die Büromöbel.

Am 22. Oktober 2020 wurde Steelcase Opfer eines Angriffs mit der Ransomware Ryuk. Der Angriff auf den Büromöbel-Hersteller mit Hauptsitz in Grand Rapids, Michigan, hat Auswirkungen bis nach Birsfelden im Kanton Basel-Land: Die dortige Gemeindeverwaltung kann nicht wie geplant in ihre neuen Büros umziehen.
Der Umzug hat eine längere Vorgeschichte: Im Dezember 2018 bewilligte die Gemeindeversammlung von Birsfelden den Erwerb eines Gebäudes, in dem bis anhin die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) untergebracht war. Dort sollte neu die Gemeindeverwaltung einziehen. Der Kaufpreis: 8,65 Millionen Franken.

Umzug kostet mehr als geplant

Dann stiegen zuerst die Kosten: Ursprünglich waren für den Umbau der Büros 1,9 Millionen Franken veranschlagt. Eine genauere Berechnung ergab für Umbau, technische Ausstattung und Möblierung aber Kosten von 4,3 Millionen Franken. Im Sommer 2020 wurde schliesslich umgebaut, und nun sollten die Mitarbeitenden am neuen Arbeitsort einziehen. Doch dann schlug die Ransomware-Gang Ryuk zu.
Die Gemeinde hatte zuvor einen Einrichtungsauftrag mittels Submission an die Büroplanungsfirma WSA vergeben, wie die 'Basellandschaftliche Zeitung' berichtet. Diese bestellte beim global tätigen Konzern Steelcase (Jahresumsatz 2020: 3,75 Milliarden Dollar) neue Schränke, Stühle und Tische. Nachdem Steelcase wegen der Cyberattacke die Systeme herunterfuhr, kann das Unternehmen aber offenbar auch Bestellungen nicht wie geplant ausliefern.

Immerhin die Pausenräume wären eingerichtet

Der Zügeltermin in Birsfelden ist deshalb gestrichen worden. Man habe sich zwar überlegt, die alten Möbel in die neuen Büros mitzunehmen, erklärt Martin Schürmann, Birsfelder Gemeindeverwalter, der Zeitung. "Aber alles einrichten und später wieder abbauen und ausräumen – das erschien uns dann doch ein zu grosser Aufwand." Alle Mitarbeitenden ins Homeoffice zu schicken, war auch nicht möglich: "Die Verwaltung ist noch immer stark von Akten und Dokumenten in Papierform abhängig."
Die Verwaltung bleibe deshalb vorerst am alten Ort an der Hardstrasse, und man warte mit dem Umzug zu, bis die rund 50 Arbeitsplätze eingerichtet seien. Immerhin: "Das Mobiliar für die Pausenräume und die Sitzungszimmer kommt von einem Hersteller in der Schweiz und wäre parat."
Wie teuer die Verzögerung zu stehen komme, wisse man noch nicht, sagt Schürmann. Als kleiner Trost kann Birsfelden dienen, dass auch andere unter Ryuk leiden. In derselben Woche wie Steelcase wurde der IT-Dienstleister Sopra Steria mit der Ransomware angegriffen und musste seine Systeme herunterfahren. Bis sich dort alles normalisiert habe, "werde es noch Wochen dauern", erklärte Sopra Steria.

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