Welche Zukunft für Unicible?

30. März 2007 um 15:53
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Und hier noch unser Freitagabend-Kommentar

Und hier noch unser Freitagabend-Kommentar
Es gibt wenig Themen, die die Szene an der Schnittstelle von Informatik und Finanzindustrie zur Zeit so sehr beschäftigt, wie die Frage nach der Zukunft von Unicible. Man spekuliert dies und das - so berichtete die Lausanner Zeitung 'L'Agefi' im Februar, Unicible stehe kurz vor dem Verkauf durch ihre Mutter, die Waadtländer Kantonalbank (BCV). Der Bericht wurde umgehend dementiert, die BCV habe sich noch nicht für eine Strategie bezüglich der Banken-IT entschieden. Die Linke machte die Zukunft von Unicible gar zum Politikum und sprach letzte Woche von 390 Entlassungen, die drohten, falls die rechten Parteien die Wahlen in die Waadtländer Kantonsregierung gewinnen würde. Die BCV wartet gemäss der Linkspartei POP nur noch die zweite Runde der Regierungsratswahlen von diesem Wochenende in der Waadt ab, bevor sie einen Entscheid bezüglich Unicible fällt.
Der Grund für die Spekulationen liegt in der Situation von Unicible. Der grosse Dienstleister (400 Mitarbeitende) betreibt und entwickelt das Bankensystem Osiris, für das es aber nur noch einen Kunden gibt: Die BCV, die gleichzeitig auch Besitzerin von Unicible ist. Eine Konstellation, die man heute nicht mehr für glücklich hält.
IBM oder T-Systems oder... ?
Die BCV nennt drei mögliche Szenarien für ihre IT-Zukunft. Die Weiterentwicklung von Osiris, den Umstieg auf eine Standard-Plattform wie Avaloq oder Finnova oder das IT-mässige Zusammengehen mit einer weiteren Bank. Unicible seinerseits hat erst unlängst den Auftrag für den Betrieb von Finnova für die Genfer KB und ihre Privatbank-Tochter gewonnen. Man wolle sich zu einem Dienstleister entwickeln, der verschiedene Plattformen für verschiedene Kunden betreibt und pflegt, so Unicible-Sprecher Patrice Bourgoz im Januar zu inside-it.ch.
Nun verdichten sich die Gerüchte, dass die Zukunft von Unicible unmittelbar vor einer entscheidenden Wende steht. Ein Branchenkenner nannte mir ein plausibles Szenario: Die Aufspaltung von Unicible und der darauf folgende Verkauf eines Teils.
Ein Teil würde bei der BCV bleiben, Osiris betreiben und später eventuell in ein Joint-Venture mit einer anderen Bank (ZKB?) eingebracht. Der andere Teil, der Finnova für die Genfer KB und möglicherweise auch andere Plattformen für weitere Kunden (Avaloq, Finnova für die anderen welschen KBs) betreibt, würde verkauft. Doch wer könnte der Käufer sein? Zwei Namen schieben sich in den Vordergrund: T-Systems und IBM. Beide hätten ein starkes Interesse daran, ihre Position als Outsourcer / Dienstleister in der Finanzindustrie gegenüber dem starken Tandem SCIS/Comit zu stärken.
Andere Käufer von Unicible scheinen mir nicht wahrscheinlich. SCIS (Swisscom IT Services) hat mit dem SBB-Deal und der Erhöhung der Profitabilität wohl noch einige Zeit genug zu tun, während EDS sich in der Schweiz auf anderen Industrien (Transport, Healthcare, Government) konzentriert. Von einem angeblichen Interesse von Accenture hört man nichts - vielleicht steckt dem US-Megadienstleister immer noch die Systor-Übernahme in den Knochen. Die Frage ist, ob IBM oder T-Systems ihren Schweizer Töchter tatsächlich die Mittel geben würden, den grossen welschen Brocken zu schlucken.
Klar: Dies sind alles nur Spekulationen nach der Methode "educated guess". Doch dies ist auch unser Freitagabend-Kommentar und keine blosse Nachricht. (Christoph Hugenschmidt)

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