What the hell is GEVER?

16. Mai 2014 um 08:15
  • e-government
  • verwaltung
image

GEVER oder was das kryptische Kürzel in der Öffentlichen Verwaltung bedeutet. Ein Gastbeitrag von Konrad Walser.

GEVER oder was das kryptische Kürzel in der Öffentlichen Verwaltung bedeutet. Ein Gastbeitrag von Konrad Walser.
Sind wir mal ehrlich. GEVER oder Elektronische Geschäftsverwaltung ist letztlich nichts anderes als das Dokumentenmanagement der Öffentlichen Verwaltung. Und, worum geht es beim Dokumentenmanagement? Es geht sehr summarisch formuliert um das Management der Akten: Dokumenten-Lebenszyklus ist das Thema, aber auch Archivierung und Records Management. Mir als Schreibendem – wohl weil zu jung – ist nicht klar, wie es dazu kam, eben nicht diesen Begriff Dokumentenmanagement zu verwenden für das, was mit GEVER bezeichnet wird. Eigentlich würde dagegen nichts sprechen.
Es kommt noch besser. Über die Schweizer Grenze hinaus schauend stellt man fest, dass das gleiche Thema in Österreich mit Elektronischem Akt (ELAK) bezeichnet wird. Das hat nichts mit einem Akt-Modell zu tun. Und in Deutschland wurde das gleiche Thema früher mit DOMEA (Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang) und seit 2012 unter dem Namen Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit veröffentlicht. Apropos: DOMEA hat nichts mit dem lateinischen Begriff Domus für Haus, Wohnsitz, Wohnung zu tun.
Die Lösung des GEVER-Rätsels
Möglicherweise haben die verschiedenen begrifflichen Verwendungen zur Bezeichnung des Dokumentenmanagements in der Öffentlichen Verwaltung ja einfach damit zu tun, dass natürlich die Geschäftsverwaltung in der Öffentlichen Verwaltung ganz unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann. Da kann es um die Entwicklung von Gesetzesvorschlägen gehen, da kann es um die Verschriftlichung von Gesetzen und Verordnungen gehen, Bescheide aller Art fallen unter den Begriff Dokumente, da kann es aber auch um das Dokumentenmanagement im Zusammenhang mit Büroautomation (Word-Dokumente, Powerpoint-Präsentationen, etc.), Fotos, Filmen und Weiterem gehen, aber auch um Dokumente, welche in Fachanwendungen gemanaged werden, etwa Belege in einer Gemeindeverwaltungslösung oder im SAP-System.
Positionierung GEVER in der Öffentlichen Verwaltung
Und daraus resultiert bereits das nächste Problem. Wenn es nach gewissen Apologeten geht, dürfen keine Dokumente mehr in anderen Systemen oder Dateiablagen mehr gehalten werden, sondern nur noch im GEVER-System oder eben im Dokumentenmanagement-System.
Das scheint völlig unrealistisch.
Es hat indes auch den Vorteil, dass Dokumente nicht über unzählige dezentrale Stellen hinweg mehrfach und redundant und womöglich nicht versioniert gehalten werden. Denken wir nur mal an die Tatsache, dass wir mit jeder E-Mail und entsprechende CCs versandte Dokumente dann ja plötzlich dutzendfach irgendwo gespeichert halten. Eine einmalige Haltung von Dokumenten, auf die man nur noch referenziert, ist grundsätzlich ein sehr löblicher Vorsatz. Spart man doch dadurch teuren Speicherplatz und damit Rechenpower und letztlich Geld.
Nur machen heute öffentliche Verwaltungen, wenn sie sich dem GEVER-Thema widmen, den Bock zum Gärtner. Da wird dann davon gesprochen, dass das GEVER-System das Lead-System für Dokumente darstelle und es sonst dafür keine anderen Systeme geben dürfe. Das tönt so ähnlich wie wenn aus unternehmens-architektonischer Sicht das Dokumentenmanagement- oder GEVER-System über allen anderen Fachanwendungen in der Verwaltungseinheit stehen soll oder muss.
Zumindest in Teilen müsste das Gegenteil der Fall sein.
Die differenzierte GEVER-Betrachtung
Eine differenzierteres Betrachtung des Einsatzes von GEVER-Systemen – etwa im Kontext von unterschiedlichen Bereichen des Verwaltungshandelns – müsste wie folgt aussehen. Denken wir an die Bereiche, die politische Verwaltung, in welcher eben Gesetze, Vorschläge dazu und Verordnungen fabriziert werden, mag eine dominante Position des GEVER-Systems durchaus Sinn machen. Denken wir an andere Bereiche der Verwaltung, etwa die Leistungsverwaltung, die zuständig ist für das Verwaltungshandeln gegenüber Bürgern und Unternehmen sowie anderen Verwaltungen, dann ist hier meist der Einsatz von spezifischen Fachanwendungen Tatsache. Hier dürfte aus architektonischer Sicht das GEVER-System tendenziell eher für Input- und Output-Dokumenten-Verwaltung oder für den Transport von Dokumenten eingesetzt werden.
GEVER@ÖV2014
Die Berner Fachhochschule und deren E-Government-Institut veranstalten am 26. Juni 2014 in Bern im Hotel Kreuz die eintägige Konferenz GEVER@ÖV2014 zum Thema Elektronische Geschäftsverwaltung in der Öffentlichen Verwaltung. (Konrad Walser)
Prof. Dr. Konrad Walser ist Dozent und Senior Researcher am E-Government-Institut der Berner Fachhochschule.

Loading

Mehr zum Thema

image

Probleme mit Citysoftnet: In Bern blieben tausende Rechnungen liegen

Bern braucht zusätzlich fast 1 Million Franken wegen der Einführung von Citysoftnet. Das 36-Millionen-Softwareprojekt von Bern, Zürich und Basel kämpft schon lange mit Problemen.

publiziert am 21.9.2023 1
image

Mehr elektronische Behördenleistungen für Unternehmen

Das Unternehmensentlastungsgesetz ist "die Basis für durchgehend elektronischen Behördenverkehr", sagte GLP-Präsident Jürg Grossen.

publiziert am 20.9.2023
image

Wahl-Report: Die Sozialdemokratische Partei

Die SP äussert sich zu Themen wie Public Cloud, Cybersicherheit, Fachkräftemangel, digitaler Franken und E-Government.

Von publiziert am 20.9.2023
image

Bündner Regierung investiert kräftig in Digitalisierung

Die Pläne sehen Investitionen von 35 Millionen Franken und 45 neue Stellen vor.

publiziert am 20.9.2023