In
meiner letzten Kolumne "Die Zukunft von Business-Software ist noch immer gross – auch wenn es manchmal harzt" hatte ich es bereits angesprochen: "Nichtsdestotrotz stelle ich seit Monaten einen Stimmungswandel fest. Bei einigen Softwareunternehmen scheint die Party vorbei zu sein und die Klagen von wegen Fachkräftemangel weichen den Klagen, dass es wieder schwieriger wird, rentable Projekte und passende Kunden für die eigene Software zu finden."
Überraschenderweise sind in der Zwischenzeit (während eines Monats) bei mir zwei Software-Krisenfälle hart aufgeschlagen, die das oben Gesagte bestätigen. Zusätzlich meldete sich bei mir ein Softwareunternehmer mit Jahrzehnten an Erfahrung, der wahrlich schon einiges miterlebt hat, mit den Worten "ich glaube auch, die Rezession ist tiefer im IT-Bereich, als man so liest". Hat er recht? Steuern wir tatsächlich in ein veritables Nachfrageloch? Und wenn ja, was können wir tun?
Zu ambitionierte Wachstumspläne
Einer der krisengeschüttelten Softwareunternehmer schilderte mir sein Fazit, das er aus der Reflexion des Geschehenen gezogen hat. "Angesichts der zurückhaltenden Nachfrage waren unsere Wachstumspläne vielleicht doch zu ambitioniert, wenn nicht sogar unrealistisch", meinte er. "Wir wollen uns jetzt wieder intensiver um unsere Kunden kümmern und dabei lieber weniger Projekte machen, die dafür rentabel und mit den Kunden, die wir wirklich wollen", brachte er es auf den Punkt. Eine klare Erkenntnis, die ich so von ihm nie erwartet hätte. Er nannte dies in der Folge übrigens die Opacc-Strategie, so wie ich sie kürzlich in meinem Podcast mit Beat Bussmann und im bereits vor 7 Jahren erschienenen Beitrag auf dieser Plattform
"Prantls 5A: Opacc Software AG" herausgearbeitet hatte.
Ich nenne sie hier mal die Besseres-für-Wenige-Strategie. Ihr anerkanntes Ziel ist die Qualitätsführerschaft in einem klar definierten Markt, meist sogar einer Nische. Das funktioniert, indem man sich auf seine absolute Kernkompetenz konzentriert – also meist auf "Weniges", das man dann dafür wesentlich besser macht als alle anderen. Weiteres, wesentliches Element der Strategie ist die "Vorauswahl" des Kunden. Dies geschieht mindestens durch eine ganz präzise und eng umrissene Zielgruppendefinition, noch besser aber durch die Erarbeitung einer konkreten Liste der gewünschten Zielkunden. Auf der Liste finden sich alle künftigen Kunden und Kundinnen mit Namen und Adresse, so dass sich ein Marketing zur Leadgewinnung schon fast erübrigt.
Einige wenige Projekte genügen in der Regel
Ein positiver Effekt der Besseres-für-Wenige-Strategie ist, und das meinte auch der angeschlagene Softwareunternehmer, dass nicht mehr Wachstum an erster Stelle steht, sondern der Kunde mit seinem Projekt. Da dieses strategisch von langer Hand aufgegleist wurde, und, da es auf einer vom Kunden klar wahrgenommenen Qualitätsführerschaft basiert, wird es auch überproportional rentabel sein und den Kunden für Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte ans Unternehmen binden.
Solche Projekte brauchen Schweizer B2B-Software-KMU nicht Hunderte pro Jahr, einige wenige genügen in der Regel. Nachhaltiges Wachstum – ich spreche meist von gesundem Wachstum – ist dann die Folge der Strategie und nicht mehr ihr primäres Ziel. Last but not least ist es eine Strategie und Marktpositionierung, die sich auch in konjunkturell schwierigeren Zeiten als deutlich robuster herausstellt und künstlich aufgeblähte, rein auf Wachstum getrimmte Organisationen gar nicht erst entstehen lässt.
Urs Prantl kreiert zukunftssichere und gesund wachsende IT-Unternehmen und begleitet ihre Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Unternehmensnachfolge und beim Firmenverkauf. Gleichzeitig ist er Host des Podcasts Prantls 5A, in welchem die strategische Einzigartigkeit erfolgreicher IT-Unternehmen im Gespräch mit ihren Inhaberinnen und Inhabern im Dialog herausgeschält wird. Als Kolumnist äussert er auf inside-it.ch seine persönliche Meinung.