Der Mainstream-Support für die alte ECC Suite von SAP endet 2027. Seit der Einführung der In-Memory-Datenbankplattform
S/4Hana im Jahr 2015 versucht SAP, seine Kunden – zumindest in der Schweiz mit mässigem Erfolg – zu einem Upgrade zu bewegen. An der Sapphire-Konferenz in Orlando Anfang Juni sagte der Anbieter, dass das Transformationsprogramm Rise mittlerweile 6000 Kunden zähle.
Kunden unter Kostendruck
Dennoch wandern die Kunden langsam Richtung S/4Hana und Cloud, wie der ERP-Anbieter verlauten lässt. Nicht nur die lauernde 2027-Deadline, sondern auch der Kostendruck, den Unternehmen weltweit versprüren, spielt SAP in die Hände. Kunden würden versuchen, ihre Effizienz zu steigern und Kosten zu senken, sagte Jan Gilg, Chief Product Officer, Cloud ERP, am Rande der SAP Sapphire in Orlando. Mit SaaS brauche man schlicht weniger eigene Leute, die beispielsweise Server betreiben oder Upgrades durchführen. Diese Aufgaben gebe man den Herstellern ab.
In vielen Bereichen hätte sich SaaS in der Business-Welt durchgesetzt. "Bei Kernsystemen dauerte es natürlich viel länger, aber der Trend ist klar", fügte Gilg an. Im Neukundengeschäft gebe es praktisch keine Nachfrage mehr nach On-Premises-Systemen.
Ein Grund dafür sieht Gilg beim Zugang zu Innovation. Der Hype um KI habe dazu beigetragen, dass Kunden Vorteile in der Cloud sehen würden. "Wer Digitalisierung ernst nimmt, muss in die Cloud", sagte CEO Christian Klein schon vor einem Jahr. SAP fokussiert seither bei seinen Neuerungen auf die Cloud, eine Ankündigung, die
für deutliche Kritik sorgte.
Kunden in Europa tun sich noch schwer mit ERP als SaaS
Mit Blick auf die Neukunden laufe es für SAP derzeit in der Region Asien-Pazifik und Japan (APJ) sehr gut. Schon alleine deshalb, weil es dort sehr viele stark wachsende Firmen gibt. Nordamerika sei hart umkämpft, es gebe viel Konkurrenz. In Europa sei der Mittelstand ein Markt, in den SAP sehr aktiv hineingehe, etwa mit seinem "Grow"-Angebot. Das Gleiche gelte für schnell wachsende Firmen. Man wolle schliesslich die DAX-Konzerne von morgen als Kunden gewinnen, so der Produkte-Chef.
Allerdings sehe man auch, dass sich die Kunden in Europa noch schwertun mit dem ERP als SaaS-Lösung, auch wenn es so scheint, als würde das Pendel langsam herumschwingen, führte Gilg im Gespräch aus. Anders sehe es in APJ aus. Dort herrsche ein ganz anderes Mindset: Die Kunden würden klar auf Standardsoftware setzen und die Lösung so nehmen, wie sie ist.
SAP braucht erfolgreiche Kunden
Was an der grossen Kundenkonferenz Sapphire in Orlando Anfang Juni deutlich wurde, ist, dass SAP viel Wert darauf legt, erfolgreiche Kundenprojekte zu zeigen. Regelmässig wurde betont, wie viele Ressourcen denn auch nach einer S/4-Migration gespart werden könnten, oder wie schnell eine Implementierung mit Grow funktionieren kann.
"Was bei SAP schon immer ein riesen Thema war, sind Projektkosten und -dauer", so Gilg im Gespräch mit inside-it.ch. SAP versuche, dies stärker zu kontrollieren. Es gebe neue Validierungen für Partner, eine neue Methodik und beispielsweise das Clean Core Dashboard für das Monitoring. "Wir wollen näher am Ökosystem sein und unsere Partner auch in die Verantwortung nehmen." Es könne nicht sein, dass ein Implementierungsprojekt ein x-faches der Lizenzgebühren koste, so der Manager.
Dies werde bei den Kunden durchaus positiv aufgenommen. Der ERP-Anbieter stellt
mit Enterprise Architects künftig weitere Unterstützung zur Verfügung. Ziel dabei sei, dass es beim Kunden am Schluss auch so laufe, wie geplant. Denn wenn die Cloud-Software nicht reibungslos funktioniere und die Services nicht den Erwartungen entsprechen, könne es sein, dass die Kunden ihre Verträge irgendwann nicht mehr erneuern.
Die Schmerzensgrenze bei einem ERP-System ist natürlich hoch, was zu einem gewissen Grad auch zum Geschäftserfolg beitrage. Die Software sei "sticky", wie es Gilg nannte, was jetzt aber auch ein Nachteil sein kann. "Kunden, die vor Jahren oder Jahrzehnten ihr ECC eingeführt haben, tun sich wirklich schwer damit, das wieder anzufassen." Aber man dürfe nicht vergessen, dass sich das Business in dieser Zeit massiv geändert hat. Unabhängig davon, dass die Technologie veraltet ist, stimmen auch die Prozesse, die damals implementiert wurden, einfach nicht mehr.
(Interessenbindung: Das Gespräch wurde während der Sapphire in Orlando geführt, zu der die Autorin vom Hersteller eingeladen wurde.)