Um die 100 Ausschreibungen werden täglich auf Simap publiziert und fast ebenso viele Zuschläge. Von WC-Papier für den Bund, Druckerpatronen für die ETH, frischem Obst für die Zürcher Stadtverwaltung, Büchsenravioli fürs Militär bis zu Büroautomations-Software für den Kanton Solothurn ist da alles mit dabei. Schätzungen zufolge beläuft sich das Gesamtvolumen des öffentlichen Beschaffungswesens
auf rund 41 Milliarden Franken – pro Jahr. Knapp fünf Prozent davon, rund 2 Milliarden Franken, werden für ICT-Dienstleistungen ausgegeben.
Seit Anfang Woche ist Simap
in einem neuen Kleid online, wobei auch der "Unterbau" komplett modernisiert worden ist. Und wie soll ich sagen? Es war höchste Eisenbahn für dieses Update. Das "alte" Simap war 15 Jahre alt und man hat ihm jeden Lebenstag angesehen. Wäre Simap ein Mensch gewesen, es wäre schrumpelig und zittrig gewesen und nur noch überlebensfähig, wenn ihm der Pfleger regelmässig einen Löffel Suppe eingeflösst hätte.
Die Ironie um das neue Simap
Um es festzuhalten: Es ist ausdrücklich zu begrüssen, dass der Plattform der Stecker gezogen und sie quasi palliativ gelegt worden ist. Nur der Weg dahin, der war kein leichter. Ganz im Gegenteil! Er hätte kaum steiniger sein können. Ironischerweise steht das Relaunch-Projekt der Beschaffungsplattform Simap symptomatisch für vieles, das im schweizerischen Beschaffungswesen schiefläuft. Es wird zu fest auf den Preis geachtet und viel zu wenig auf Folgekosten beziehungsweise die "Total Cost of Ownership", wie der Angelsachse sagt.
Die ersten Ablösungsversuche wurden 2016 gestartet. Zuerst ging der Auftrag an die griechische Firma European Dynamics – weil diese mit Abstand am günstigsten offerierte. Was von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, scheiterte dann auch. Drei Jahre warteten die Verantwortlichen ab, bis die das Projekt abbrachen und 2020 an den Schweizer Dienstleister Unic vergeben haben. Aber auch mit diesem Partner konnte der ursprünglich avisierte Termin nicht gehalten werden. "Die Komplexität wurde zu Beginn unterschätzt", sagten mir
die Verantwortlichen in einem Interview.
Verständnis fürs Verrechnen
Die Komplexität ist tatsächlich enorm und ein Betriebsunterbruch, zum Beispiel beim Übergang von der alten auf die neue Plattform, wäre undenkbar gewesen. Die Behörden sind täglich darauf angewiesen. Insofern habe ich tatsächlich Verständnis dafür, dass sich die Verantwortlichen verrechnet haben und das Projekt schlussendlich anderthalb Jahre später fertig wurde, als ursprünglich vorgesehen. Auf diese 18 Monate kam es "in the Long Run", wir bleiben beim Neudeutschen, nun wirklich nicht mehr an.
Um die Komplexität soweit wie möglich zu reduzieren, haben die Verantwortlichen zwei Entscheide getroffen, die zwar einerseits nachvollziehbar sind, aber andererseits zu Mehraufwand für Nutzerinnen und Nutzer führen:
- Erstens wurden die Nutzerkonti nicht migriert. Das heisst: Alle müssen sich neu registrieren.
- Ebenfalls nicht migriert wurden die noch laufenden Ausschreibungen. Berichtigungen, Abbrüche oder Widerrufe müssen noch (offiziell) bis Jahresende auf der alten Plattform publiziert werden. Zuschläge indes können Behörden auf beiden Plattformen veröffentlichen.
Es gibt also einen Parallelbetrieb bis zum 31. Dezember 2024. Dies nicht aus Sicherheitsgründen, wie ich vergangenen Dienstag
in einem Newsletter-Editorial fälschlicherweise schrieb. Dieser ist dazu gedacht, dass Beschaffungsstellen dort begonnene Ausschreibungen auf der neuen Plattform kein zweites Mal eingeben müssen. Nur eine Datenmigration hätte den Parallelbetrieb erübrigt, aber dann wäre das neue Simap wohl noch eine Weile nicht online. Wer schon mal ein Relaunchprojekt hinter sich gebracht hat, weiss, dass die Datenmigration oft der schmerzhafteste Teil ist.
Bezahlfunktion würde kleine Anbieter benachteiligen
Deshalb dürfen sich die täglichen Nutzerinnen und Nutzer von Simap, zu denen auch wir Journalistinnen und Journalisten von inside-it.ch gehören, erstmal über eine deutlich einfachere Bedienung und eine logischere Struktur freuen. Zwei entscheidende Neuerungen stehen noch bevor:
- Im Herbst wird die Einführung von Gebühren diskutiert (lies: beschlossen). Wer interessante Ausschreibungen und entsprechende Push-Nachrichten abonnieren will, muss wohl bald dafür zahlen. Das ist ein Nachteil für kleinere Anbieter.
- Ebenfalls geplant ist die elektronische Angebotseingabe. Man wird also nicht mehr Ordner per Post herumschicken müssen, sondern kann die entsprechenden Dateien auf dem neuen Simap hochladen. Das ist sowohl aus ökologischen, wie auch ökonomischen Gesichtspunkten eine gute Idee.
Kurzum: Abgesehen von wenigen Wermutstropfen freut es mich, dass das 41-Milliarden-Dollar-Baby (entsprechend dem Schweizer Beschaffungsvolumen, nicht wegen der Kosten dafür) auf der Welt ist und nun "nadisna" Neues lernen soll. Ich finde: Das Warten hat sich gelohnt.