Vogt am Freitag: 5G oder Giele, gut gemeint ≠ gut gemacht

22. September 2023 um 14:23
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Weil der Bau von rund 3000 Mobilfunkantennen blockiert ist, will die FDP den Schweizer Telcos helfen. Das ist eine gute Idee. Nur: Das gewählte Vorgehen ist sinnlos.

Die Debatte um den Mobilfunkausbau ermüdet mich, echt jetzt. Seit über 15 Jahren schreibe ich über IT-Themen. Aber nirgendwo wiederholen sich die Diskussionen so zuverlässig wie in der Telekom.
3G? "Das ist des Teufels! Macht Kopfweh. Das muss weg!"
Irgendwann war 3G da und alle waren froh, weil die Bandbreite benötigt wurde. Auch die Klagen darüber sind verschwunden, bis der nächste Standard da war.
4G? "Das ist des Teufels! Macht Kopfweh. Das muss weg!"
Irgendwann war 4G da und alle waren froh, weil die Bandbreite benötigt wurde. Auch die Klagen darüber sind verschwunden, bis der nächste Standard da war.
5G? "Das ist des Teufels! Macht Kopfweh. Das muss weg!"
Und nun ist 5G da, zwar noch nicht flächendeckend, aber mit ordentlichem Ausbaustandard. Geklagt wird aber immer noch. Sogar von höchster Ebene gab es Einspruch. Deshalb warten nun schweizweit 3000 Antennten auf eine Baubewilligung, heisst es von den Telcos. Und irgendwann wird auch diese Debatte vorbei sein, weil wir die Bandbreite benötigen werden. Bis der nächste Standard da ist.

Wenn sogar der Bundesrat Motionen cool findet, können sie nur wirkungslos sein

Doch noch ist es nicht so weit und die FDP-Fraktion will den Telcos unter die Arme greifen. In einer Motion forderte die Fraktion den Bundesrat auf, "die Einführung von 5G zu ermöglichen". Anbieter sollen ein "hochwertiges, nationales Netz zu möglichst geringen Kosten aufbauen" können.
Diese Forderung ist so wertneutral (ich könnte auch nichtssagend schreiben), dass sogar der Bundesrat fand: Momoll, das ist eine gute Sache, und die Annahme der Motion beantragte. Also passierte das diese Woche tatsächlich. Beide Räte sagten unter der Voraussetzung zu, die Strahlenwerte nicht zu erhöhen.
Aber was ändert das nun? Nullkommagarnichts. Es ist nicht geklärt, …
  • … ob der Ausbau subventioniert wird. Er soll laut der Motion ja zu möglichst geringen Kosten passieren.
  • … wie die Problematik mit den hängigen Einsprachen gelöst werden soll. Wenn die Grenzwerte nicht erhöht werden, braucht es mehr Antennen. Ein Teufelskreis.
  • … zu wie viel Prozent die Schweiz bis 2024 mit 5G erschlossen werden soll. Konkrete Zahlen fehlen.

FDP hätte sich den politischen Aufwand sparen sollen, ja müssen

Die entscheidenden Fragen bleiben also unbeantwortet, weshalb sich die FDP-Fraktion den Aufwand für die Motion und den darauf folgenden politischen Prozess gleich hätte sparen können. Viel besser wäre es gewesen, in einer Kampagne die Vorteile und die Notwendigkeit von 5G aufzuzeigen, so dass die Einsprachen endlich aufhören (diese haben ja bei 3G und 4G schliesslich auch nichts genützt).
Damit anfangen können hätten die Kolleginnen und Kollegen der FDP ja bei der Ratslinken ("Strahlung ist schädlich" und "Bedürfnisse der Bevölkerung und der Schweiz sind schon gedeckt") sowie Bundesrätin Elisabeth Baum-Schneider, die sich vor ihrer Wahl gegen den Ausbau von 5G stellte, wie die 'Berner Zeitung' damals schrieb.
Viel Lärm, wenig Erfolg oder 5G mal anders: Giele*, gut gemeint ist diesmal nicht gut gemacht.
*Giele ist Berndeutsch für Jungs.

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