Beim gelben Riesen heisst es heute schon die "Post von morgen". Gemeint ist damit aber nicht, dass Briefe und Päckli am nächsten Tag ankommen, sondern der Name der Digitalisierungsstrategie des Konzerns. Mit dieser will die Post das eigene, defizitäre Hauptgeschäft quersubventionieren. Das sage übrigens nicht ich, sondern der Konzern selbst – wenn auch mit etwas blumigeren Worten ("Service Public langfristig mit eigenen Mitteln sicherstellen").
"Post von morgen" ist insbesondere auf zwei Ebenen spürbar:
1. Der Gelbe Riese tätigt zahlreiche Akquisen und wird damit zur Konkurrenz von vielen privaten Unternehmen, wie Jean-Marc Hensch
in seiner Kolumne bei uns eindrücklich aufgezeigt hat.
2. Elektronisches Patientendossier (EPD), E-Voting und künftig womöglich auch beim digitalen Franken: Die Post ist Infrastrukturbetreiberin für praktisch alle gesellschaftlich und politisch relevante Dienstleistungen von Bund und Kantonen.
Während Punkt 1 durch die offensive Kommunikation der Post öffentlich breit wahrgenommen wird, breitet sich die Post still und leise bei der Infrastruktur für digitale Dienste von Behörden aus.
Gesundheit, Politik, ID, Geld: die Post hat überall die Finger im Spiel
Beim elektronischen Patientendossier (EPD) ist die Post nach dem Rückzug von Swisscom und der Übernahme der Stammgemeinschaft Axsana, die
unterdessen Post Sanela Health heisst, der mit Abstand wichtigste Technikprovider. Sie ist das damit faktisch das Infrastrukturrückgrat der Schweiz bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Dasselbe gilt beim E-Voting: In den aktuellen
Testversuchen in drei Kantonen kommt ausschliesslich das System der Post zum Einsatz. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen: Das wird sich so schnell nicht mehr ändern.
Auch bei der digitalen Identität von Bürgerinnen und Bürgern mischelt die Post an vorderster Front mit: Über die Tochtergesellschaft Swissign gibt sie mit der SwissID aktuell die einzige relevante, digitale Identifikationsmöglichkeit der Schweiz heraus und pusht diese massiv. Unter anderem mit einer Zwangsmigration für alle. Das Ziel scheint klar: Der staatlichen E-ID, die frühestens 2025 fertig ist, zuvorzukommen.
Eine ungute Entwicklung
Statt sich hauptsächlich auf das Kerngeschäft mit Briefen und Päckli zu konzentrieren, breitet sich die Post durch Akquisen einerseits in private Märkte aus, und andererseits – und das halte ich für weit bedenklicher – im Infrastrukturbereich für praktisch alle wichtigen behördliche Dienstleistungen bei Bund, Kantonen und Gemeinden.
Diese dadurch entstehende Monopolsituation ist im digitalen Bereich gefährlich. Ich will damit nicht sagen, dass die Post die Security nicht im Griff hat. Im Gegenteil, diesbezüglich ist der Konzern gut aufgestellt. Doch ist es schlau, fast alle relevanten Daten von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern einem einzigen Konzern "zu überlassen"? Ich denke nicht.
Ich finde, dass die Politik diesbezüglich genauer hinschauen – und bei Bedarf einschreiten muss. Die Frage ist, ob es dafür allerdings nicht schon zu spät ist.