Vogt am Freitag: Für eine Handvoll Nutzer

23. August 2024 um 13:18
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Die Nationalbank zwingt Kundenbanken zur Einführung von Instant Payment. Nun ist es "endlich" verfügbar. Hat die Schweiz darauf gewartet? Ich sage Nein und wage eine steile These.

Seit dieser Woche sind Schweizer Banken verpflichtet, Instant Payment anzubieten – ein Projekt der Schweizerischen Nationalbank. Der Empfang solcher Schnellüberweisungen ist obligatorisch, das Anbieten von Überweisungen freiwillig. Das allein ist lustig: Wenn keine Bank das Senden von Geld anbietet, dann braucht es auch keine Empfänger.
Es bleibt indes beim Fun Fact. Fünf Banken bieten bis jetzt Schnellüberweisungen an: Die Berner und die St. Galler Kantonalbank, die Hypi Lenzburg, Raiffeisen und UBS, drei davon erheben gemäss Moneyland Gebühren zwischen 2 Franken und 5.30 Franken – pro Transaktion notabene.

Instant-Payment-Marketing from Hell

Ich bin kein Marketingexperte – aber wenn Unternehmen versuchen, ein neues Angebot auf dem Markt zu platzieren, wird das in aller Regel anders gemacht. Zwischen den Zeilen lese ich hier heraus: Wir haben zwar Instant Payment, aber bitte, liebe Kundinnen und Kunden, nutzt doch besser die herkömmlichen Überweisungen.
Ich behaupte: Wirklich darauf gewartet, Instant Payment anzubieten, haben die Banken nicht. Im Gegenteil! Ohne den Zwang der Nationalbank wäre kaum ein Institut auf die Idee gekommen, das anzubieten. Zu komplex (und entsprechend teuer) ist die ganze Thematik, insbesondere für die IT-Abteilungen.

Cyberkriminelle lieben Instant Payment

"Wir – beziehungsweise unsere Systeme – müssen innert wenigen Sekunden feststellen, ob es sich um eine Fraud-Zahlung handeln könnte und sie dementsprechend blockiert werden muss oder ob sie durchgelassen wird. Bei Instant Payment haben wir dafür nicht mehr bis zum nächsten Morgen Zeit", sagte mir Raiffeisen-CIO Niklaus Mannahrt im Interview.
Es ist also bereits jetzt absehbar, dass Cyberkriminelle ihre Aktivitäten auf Instant Payment ausrichten werden. Die Chancen, dass eine Zahlung mit betrügerischem Hintergrund entdeckt wird, sinken. Und gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit, den Strafverfolgungsbehörden zu entwischen – speziell bei grenzüberschreitenden Zahlungen.

Kein Problem, aber eine Lösung dafür

Ich frage mich, welches Problem die Nationalbank mit der Einführung von Instant Payment lösen wollte oder welchen Usecase sie für Bürgerinnen und Bürger sieht. Ich selbst erkenne darin weder einen Nutzen noch einen Mehrwert gegenüber der weitverbreiteten Zahlungsapp Twint, die eigenen Angaben zufolge fünf Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer zählt in der Schweiz.
Warum sollte ich, wäre ich Kunde bei einer der Banken, die das Senden von Geld anbieten, Instant Payment wählen? Rechnungen bezahle ich, wie wohl die meisten Bürgerinnen und Bürger auch, auf Termin. Da spielt es keine Rolle, ob die Bank die Transaktion in 10 Sekunden verarbeiten kann oder nicht. Auch bei Einkäufen in Onlineshops sehe ich keinen Bedarf – und für die Überweisungen an Freunde sowieso nicht.

Ein Markt für fünf Menschen

Was also bleibt? Ich sehe nichts. Ausser: Die mögliche Absicht der Nationalbank, ein eigenes Konkurrenzprodukt für Twint auf die Beine zu stellen. Auch Niklaus Mannhart von Raiffeisen ist skeptisch. Ob es überhaupt einen Bedarf bei der Kundschaft gebe, beantwortete er diplomatisch: "Das ist eine gute Frage, der Bedarf bei Kundinnen und Kunden wird sich zeigen. Fakt ist, dass Instant Payment von der Nationalbank getrieben wird und wir das entsprechend anbieten müssen."
Es gab in der Vergangenheit viele Fehlprognosen in der IT-Geschichte. So soll IBM-Patriarch Thomas Watson gesagt haben: "Ich glaube, es gibt einen Weltmarkt für wahrscheinlich fünf Computer." Ich sage: Es gibt für Instant Payment in der Schweiz einen Markt für wahrscheinlich fünf Menschen – eine Handvoll Nutzer eben.
Ob ich genauso danebenliege wie Watson, wird sich zeigen.

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